Die Mär von der Subventionierung Erneuerbarer Energien

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Wirtschaftminister Gabriels Pläne bremsen die Energiewende in Deutschland aus (Foto: Carin Schomann Carin Schomann @vierlaender.de CC BY-SA 3.0)
Wirtschaftminister Gabriels Pläne bremsen die Energiewende in Deutschland aus[/caption]In letzter Zeit ist immer wieder zu lesen und zu hören, dass die Strompreise durch die Förderung der Erneuerbaren Energien steigen und die Erneuerbaren Energien besonders stark subventioniert würden. Das jedoch ist völlig falsch. Richtig ist, dass die europäischen Staaten einen massiven Einfluss auf die Preisgestaltung des Energiemarktes nehmen und die Stromerzeugung insgesamt intensiv subventioniert wird. Eine gezielte Subventionierung der Erneuerbaren Energien findet jedoch, trotz anderslautender Behauptungen, gegenwärtig überhaupt nicht statt. Wie verträgt sich diese Behauptung mit der EEG-Umlage? Dazu muss man sich erst einmal ansehen, welche Subventionen der Strommarkt insgesamt erhält und welche Marktverzerrungen sich dadurch ergeben.

Oettingers Schuss geht nach hinten los
EU-Kommissar Oettinger, als Atom- und Kohlelobbyist bekannt, der unermüdlich behauptet, die Erneuerbaren Energien seien viel zu teuer, hatte seine Mitarbeiter angewiesen, die Subventionen für Erneuerbare Energien zusammen zu tragen. Das Ergebnis dürfte ihm wenig schmecken, denn neben den 30 Mrd. Euro an Förderung für die Erneuerbaren Energieträger in der EU wurden Subventionen in Höhe von 35 Mrd. Euro für die Atomindustrie errechnet, wobei die Atomkraftwerke nur einen Bruchteil ihres Risikos versichern müssen, das laut der Versicherungsforen Leipzig GmbH mit mindestens weiteren 50 ct/ kWh anzusetzen wäre. Die fossilen Energieträger wurden mit 26 Mrd. Euro direkten und weiteren 40 Mrd. Euro indirekten Subventionen gefördert.

Fiele die Subventionierung der fossilen und atomaren Stromerzeugung weg, gäbe es praktisch keine EEG-Umlage mehr, weil der Strompreis an der Börse nicht mehr die derzeit beobachteten Tiefstände erreichen würde. Die von Gabriel geforderte marktwirtschaftliche Reform der Energiewende kann deshalb nur dann erfolgen, wenn sämtliche Subventionen, auch für Atom-, Gas- und Kohlekraftwerke gestrichen würden.

Ohne Subventionen könnten die atomaren und fossilen Kraftwerke jedoch keinen Strompreis unter 10 ct/kWh liefern und wären damit mit der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energiequellen nicht mehr wettbewerbsfähig. Aktuelle Planungen für neue Atomkraftwerke gehen von Preisen deutlich über 10 ct/kWh aus, ohne dass die Risiken adäquat abgesichert werden müssten. Neue Kohlekraftwerke, insbesondere wenn sie wie geplant mit CCS-Technik ausgerüstet würden, müssten ebenfalls mit Stromgestehungskosten von deutlich über 10 ct/kWh kalkulieren.

Das SRU-Gutachten zur erneuerbaren Stromversorgung aus dem Jahr 2010 hat klar gezeigt, dass eine 100% erneuerbare Stromversorgung bis 2050 sicher, klimaverträglich und bezahlbar zu erreichen ist, auch ohne neue Kohle- oder Atomkraftwerke. Durch Fracking gewonnenes Erdgas war dabei überhaupt kein Thema, soll aber mit Milliardensubventionen in der EU, insbesondere Großbritannien und Polen gefördert werden.

Wo hat Gabriel sein ökologisches Gewissen?
Bei Oettinger sowie den früheren Bundeswirtschaftsministern Rösler und Brüderle hatte sich niemand gewundert, dass sie die Interessen der großen Stromanbieter fördern und deshalb die Energiewende vor die Wand fahren lassen woll(t)en. Doch was treibt Gabriel an, der in einer früheren Funktion als Umweltminister doch so etwas wie ein ökologisches Gewissen haben sollte.

Bei der Beantwortung dieser Frage hilft ein Blick auf die Machtverteilung innerhalb der Bundes-SPD. Mit Hannelore Kraft als Ministerpräsidentin in NRW hat Gabriel eine starke Kohlelobbyistin an der Seite, die wie alle NRW-Ministerpräsidenten vehement für eine massive Subventionierung der Kohleverstromung streitet, im Irrglauben, damit dem eigenen Bundesland einen Vorteil zu verschaffen.

Dass der sogenannte „Kohlepfennig“ für die Steinkohleförderung lediglich zur Verzögerung des Strukturwandels und damit maßgeblich zum Niedergang des Ruhrgebietes geführt hat, können oder wollen die Protagonisten der Kohlesubventionierung nicht begreifen. Zudem sind die Bundesländer NRW und das Saarland sowie der Bund Eigentümer der RAG-Stiftung, die für die Ewigkeitslasten des Bergbaus aufkommen muss. Sobald die Gewinne der zur RAG-Stiftung gehörenden RAG-AG und Evonik nicht ausreichen, werden die Länder- und der Bundeshaushalt(e) belastet. Deshalb soll die zu 49% im Eigentum von Evonik stehende STEAG, fünftgrößter Stromversorger Deutschlands, möglichst gewinnträchtig arbeiten können. Der Bund sowie die Länder NRW und Saarland haben deshalb ein zentrales Interesse an einer marktverzehrenden Gesetzgebung zugunsten der großen Stromerzeuger und fördern daher alles, was die Kohleverstromung fördert.

Gabriel hat aber noch ein zweites Problem. Das findet sich in der SPD-Fraktion wieder, von deren 192 Abgeordneten mindestens 38 Mitglieder der IG BCE sind. Der langjährige Vizechef der IG BCE, Ulrich Freese, der auch im Vattenfall-Aufsichtsrat sitzt, hat nach den Koalitionsverhandlungen betont, dass er höchstpersönlich dafür gesorgt hat, dass das Bekenntnis zur Kohle im Koalitionsvertrag steht. Die Welt titelte zu diesem Vorgang: „Braunkohle Lobby der SPD untergräbt Merkels Energiewende.“ Zu den Kohlelobbyisten der IG BCE gehört auch deren Vorsitzender Vassiliadis, der zudem Mitglied des Rats für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung ist. Seine Frau Fahimi ist jetzt neue SPD-Generalsekretärin der SPD geworden. Ihr Auftrag zur Attacke wird sich vor allem gegen Bürgerwindparks und Solarkleinanlagen richten.

Damit sieht sich Gabriel aus der eigenen Partei einem schier unüberwindlichen Block aus Kohlelobbyisten gegenüber, der jeden Ansatz einer Energiewende zu torpedieren wissen wird. Auch finanziell lohnt sich die Förderung der großen Stromanbieter für die SPD. Während aus Kreisen der Windkraftbetreiber keine nennenswerten Summen an die SPD geflossen sind, hat Evonik, nach Angaben der Wochenzeitung „Kontext“, während der Koalitionsverhandlungen 90.000 € an die SPD und 70.000 € an die CDU gespendet, deren führende Vertreter genau dieses Unternehmen kontrollieren sollen.

Deutsche Politik kein Hoffnungsträger
Viel Hoffnung kann man daher in die deutsche Politik nicht haben. Während die Länder ihre Partikularinteressen verteidigen, ohne Rücksicht auf Parteizugehörigkeit, werden auf Bundesebene die Weichen gestellt. Auf EU-Ebene sollen Fracking und CCS (Carbon Capture and Storage) vorangetrieben sowie zahlreiche neue Kohle- und Atomkraftwerke errichtet werden, während die Energiewende ausgebremst wird. Deutschland verliert damit einen zentralen Trumpf seiner zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung. Beispiele wie Gelsenkirchen zeigen, was das Festhalten an überholten Strukturen langfristig für Folgen hat. Ein „Weiter so“ der Kohlelobby wird den Wirtschaftsstandort Deutschland mittelfristig genau so schädigen, wie das Festhalten am Kohlebergbau das Ruhrgebiet.

Noch eine wichtige Information zu CCS: Da keine Versicherung CCS versichern will, soll „der Staat“ eine Teilhaftung übernehmen. Dazu haben sich Versicherer (u.a. Zürich Versicherung und Swiss Re) unter dem Label „ClimateWise REDUCING THE RISC FOR TOMORROW“ in Zusammenarbeit CCSA – eines der vielen CCS-Netzwerke – auch für CCS eine Versicherung ausgedacht. Die CCS-Netzwerke favorisieren seit Jahren die Verwirklichung von CCS-Projekten in Form einer PPP (Public Private Partnerschaft – auch ÖPP, Öffentlich-
Private Partnerschaft genannt). Das bedeutet nichts anderes, als dass Gewinne privatisiert und von Politik und Unternehmen erwartete Schäden sozialisiert werden sollen. Diese Verträge unterliegen der Geheimhaltung.

Im Mai stehen die Wahlen zum EU-Parlament an. Hier haben die Bürger, Bürgerinitiativen und Verbände die Möglichkeit, Einfluss auf die Politik zu nehmen, indem die Kandidaten direkt zu ihrem bisherigen Abstimmungsverhalten zur Energiewende, zu CCS und Fracking befragt werden und die Einstellung der Parteien zu dieser Zukunftsfrage abgefragt wird. Die Weichen für unsere Zukunft werden jetzt gestellt. Wir sollten die Richtung vorgeben.

 

Ein Beitrag von Dr. Reinhard Knof, BI „Kein CO2-Endlager“

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