Offener Brief an die niedersächsische Landesregierung zum Schutz des Trinkwasservorkommens der „Rotenburger Rinne“ vor den geplanten Aktivitäten von ExxonMobil

Volker H.A. Fritz                                                                            38302 Wolfenbüttel, den 05.10.2017

 

Offener Brief

An den Ministerpräsidenten Weil

des Bundeslandes Niedersachsen

in Hannover

 

Betreff: Schutz des bedeutenden Trinkwassergewinnungsgebietes

„Rotenburger Rinne“ vor Gefährdungen durch die beabsichtigteFracking-Förderung von Erdgas

 

Sehr geehrter Herr Weil,

vor unser aller Augen soll wirklich Unglaubliches geschehen: ExxonMobil will unterhalb der wertvollen Aquifere „Rotenburger Rinne“ die bereits vorbereitete Erdgas-Förderbohrung „Bötersen Z 11“ an der B 75, südwestlich von Bötersen im Landkreis Rotenburg/Wümme in der Ablenkung deutlich verlängern und fracken. Danach ist Erdgasförderung geplant.

Die Bohrung ist 4.800m tief und wird horizontal nach Nordosten hin mehrere km reichen, bis unter die Ortschaft Bötersen. Damit führt sie direkt unter dem westlichen Arm der „Rotenburger Rinne“ hindurch.

ExxonMobil hat verlautbart, dass Einrichtungen zum Grundwassermonitoring bereits installiert worden seien. Doch damit wird ein Schadenseintritt ja nur gemeldet, aber nicht verhindert.

Der Landkreis Rotenburg hat, wegen der besonderen Bedeutung dieser Aquifere als Trinkwassergewinnungsgebiet für die Kreisgemeinden, das gesamte Gebiet der „Rotenburger Rinne“ in der regionalen Raumplanung als „Vorranggebiet für die Trinkwassergewinnung“ ausgewiesen. Auch der Stadtstaat Bremen bezieht in erheblichen Mengen Trinkwasser aus der „Rotenburger Rinne“. Die überarbeiteten Gesetze zur Regelung der Fracking-Förderung in Deutschland enthalten leider nicht eindeutige Vorschriften zum Schutz von Trinkwassergewinnungsgebieten im Untergrund.

Es liegt nun an Ihnen, an der Landesregierung Niedersachsen, durch entsprechende klare Vorgaben sicher zu stellen, dass der beabsichtigte und notwendige Schutz der derzeitigen und der möglichen künftigen Trinkwassergewinnungsgebiete dauerhaft gegeben ist.

Die Trinkwasserversorgung muss auch für Generationen nach uns gesichert werden.

Den Behauptungen der Förderindustrie, dass ihre Förder- und Verpressbohrungen „sicher“ und „dauerhaft dicht“ seien, dürfen wir alle keinen Glauben schenken. Sie sind es in der Tat nicht. Zum Teil sind sie von Anfang an nicht in Ordnung, zum Teil werden sie im Verlauf von Jahren und Jahrzehnten undicht und lassen ihre Inhalte in den umgebenden Untergrund entweichen. Gibt es dann Aufstiegsmöglichkeiten außen entlang der Bohrungen, können Inhalte bis zu den Trinkwasser führenden Schichten aufsteigen. Zum anderen, wenn die später ausgeförderten, druckabgesenkten Bohrungen aus der Fracking-Förderung zum Verpressen benutzt werden, sind aus den Frack-Beaufschlagungen ja die Bodenstrukturen „aufgelockert“ das heißt zerstört und rissig.

Das bietet dann auch verpressten Flüssigkeiten die Möglichkeit, sich über diese Risse in die Umgebung auszubreiten – und auch nach oben.

Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland gefördertes Erdgas der Sorte „L“ in Kürze nicht mehr in deutschen Haushalten verwendet werden soll, sondern nur noch Import-Erdgas der Qualität „H“, entsprechend den Vorstellungen der Erdgaslieferanten in Deutschland, macht es auch keinen Sinn, in die geplante Schiefergasförderung ab 2021 einzusteigen, denn dieses Erdgas könnten deutsche Verbraucher nach der Umstellung auf „H-Gas“, die gerade begonnen hat, nicht mehr nutzen.

Angesichts der heraufziehenden Klimakatastrophe mit einer Überwärmung der Atmosphäre durch zu hohen CO2-Eintrag aus der Kohlenstoff-Verbrennung und durch riesige Mengen an unverbrannt entweichendem Methan, ist es unbedingt notwendig schnellstens auf andere Energiegewinnungsformen umzusteigen und vor allem schnell die Erdgasnutzung zurück zu fahren, anstatt ihre jahrzehntelange weitere Nutzung anzustreben. Erdgas ist kein geeigneter „Brückenbrennstoff“ für den Übergang zu den regenerativen Energien in „einigen Jahrzehnten“. Erdgas ist, global betrachtet, der Beschleuniger der Klima-Überwärmung und damit – wenn es so weiter geht wie bisher- des Untergangs der Menschheit.

Wir haben nur noch die nächsten etwa 20 bis 25 Jahre Zeit, um weltweit gemeinsam zu verhindern, dass die allerschlimmsten denkbaren Auswirkungen eintreten.

Danach werden selbst beschleunigende globale Regelkreise, die unserer Kontrolle entzogen sind, unabhängig weiter wirken. Einige davon sind inzwischen schon bekannt. Was nicht bekannt ist, ist die Größe ihrer Beschleunigung durch die Regelschleifen.

Mit der zu erwartenden globalen Klimaverschiebung sehen Wissenschaftler heute voraus, dass es in Deutschland heißer werden wird, dass die Menge der Niederschläge pro Jahr insgesamt deutlich abnehmen könnte und dass es, wenn Gewitter auftreten, zu den schon vereinzelt erlebten Starkniederschlägen mit Überschwemmungen kommen dürfte. Insgesamt wird Trinkwasser dann ein rares und teures Gut werden, das nicht mehr mit der heutigen Selbstverständlichkeit beliebig zur Verfügung steht.

Um so wichtiger ist es daher heute, die Wasservorräte im Boden zu schützen. Deshalb dürften in Trinkwassergewinnungsgebieten weder Bohrungen zur Förderung von Kohlenwasserstoffen, noch zur Verpressung von Abfallwässern niedergebracht oder weiter unterhalten werden, wenn sie schon vorhanden sind. Dazu gehört auch ein genügend großer Sicherheitsabstand außerhalb der Zone III ausgewiesener Trinkwassereinzugsgebiete, denn entnommene Wassermengen werden durch den unterirdischen Zustrom von außerhalb der Gewinnungsgebiete ersetzt.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Weil,

nehmen Sie Ihre Verantwortung ernst und schützen Sie zumindest die heutigen Trinkwasservorkommen in Niedersachsen, die als Aquifere vorliegen und solche Vorhaltegebiete, die künftig einmal zur Trinkwassergewinnung genutzt werden können vor der Schädigung durch die Öl- und Gasförderung.

Mit freundlichen Grüßen

Volker Fritz

(Mitglied im Zusammenschluss „Gegen Gasbohren“)

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