16 Mythen zu Fracking in Deutschland und Kommentare dazu – Stand 6/17

Volker H.A. Fritz                               Wolfenbüttel, den 06.06.2017      

(Dipl.-Ing.)

im Arbeitskreis Fracking

Braunschweiger Land

Mitglied im Zusammenschluss

„Gegen Gasbohren“

16 Mythen zu Fracking in Deutschland und Kommentare dazu – 4-20

In der Diskussion über die Zulassung der Fracking-Technik in Deutschland zur Förderung von Kohlenwasserstoffen und /oder anderer Sonderverfahren ähnlicher Art, wurden und werden immer wieder Mythen eingebracht und dann als weitere Gesprächsgrundlage verwendet.

Die verwendeten verbreiteten Argumente erscheinen dem unvorbereiteten Bürger logisch und schlüssig. Doch zeigt sich bei näherer Untersuchung, dass sie kritisch zu bewerten sind. Die Vielzahl der einzusetzenden Verfahrensschritte und der dabei anfallenden Begleit- und Folgeerscheinungen machen es den Bürgern, aber auch den Politikern und den Medien schwer, den Gesamtprozess zu überblicken.

Im Rahmen unserer umfangreichen Recherchen, um selbst die Vorgänge erst einmal zu verstehen und tiefer in die Hintergründe einzudringen, haben wir in der Zeit seit März 2012 bis heute manche überraschende Entdeckung machen und für die Öffentlichkeit neue Informationen sammeln können.

Zu den 16 häufig verwendeten Mythen der Energie-Lobby haben wir Stellungnahmen erarbeitet.

Die in der Anlage aufgeführten und kommentierten Mythen sind nicht die einzigen, jedoch wegen der Häufigkeit der Verwendung von uns ausgewählt worden.

Mit freundlichen Grüßen

Volker Fritz

Arbeitskreis Fracking Braunschweiger Land

Sollten Sie den Wunsch haben, sich eingehender zum Thema „Fracking“ zu informieren, empfehle ich Ihnen unsere Informationsbroschüre „Fracking – Umstrittenes Verfahren zur Gewinnung von Erdgas“ www.ak-fracking.de. Auch auf der Homepage unseres Zusammenschlusses „Gegen Gasbohren“   www.gegen-gasbohren.de finden Sie vielerlei Informationen.

Mythos 1 Erdgas ist der „Brückenbrennstoff“ zur Erreichung der regenerativen Zukunft, weil bei der Verbrennung 50% weniger CO2 entsteht, als bei Steinkohle

Mythos 2 Erdgas ist „sauber“ und schadet niemandem

Mythos 3  Fracking-Gasförderung in Deutschland bringt oder erhält viele Arbeitsplätze

Mythos 4 Tight Gas aus Sandsteinen ist „konventionell“, weil Erfahrungen vorliegen.

Mythos 5 Die wundersame Vermehrung der Energievorräte in Deutschland durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in 2012 und die Rücknahme dieser Hochschätzung im Januar 2016

Mythos 6 Billiges US-Fracking-Gas reicht mindestens 100 Jahre –USA als Exporteur

Mythos 7 US-Förderunternehmen produzieren Fracking-Gas wirtschaftlich ohne Subventionen.

Mythos 8 „Heimisches“ Fracking-Gas könnte Deutschland unabhängig von Importen machen und den Gaspreis stabilisieren  . (ergänzt H-Gas-Umstellung)

Mythos 9   Die Gesamt-Frackingtechnik und ihre Begleitwirkungen sind sicher kontrolliert.

Mythos 10 Grundwasserschädigungen sind praktisch ausgeschlossen durch hohe Standards

Mythos 11 „Brennende“ Wasserhähne in den USA und in Kanada haben nichts mit der Fracking-Förderung zu tun.          (ergänzt 10.04.,13.04. und 06.05.17)

Mythos 12 Der Schutz des Grundwassers hat oberste Priorität für die Förderer (ergänzt 13.04.17)

Mythos 13 „Konventionelles Fracking“ ist gut beherrschbar und zur Förderung von Erdgas aus tiefen Sandsteinen liegen in NDS Erfahrungen aus mehr als 300 durchgeführten Fracs ohne Störungen vor.

Mythos 14  „Die USA haben ja die CO2-Emissionen durch den Einsatz von Fracking-Gas erheblich reduziert, man erkennt den großen Nutzen“. (ergänzt 10.04.17)

Mythos 15  „Durch die Fracking-Förderung werden keine Erdbeben verursacht“.

Mythos 16  „Die Kohlenwasserstoff-Förderung in Deutschland unterliegt höchsten Anforderungen. Sie verursacht keine gesundheitlichen Gefahren für die Anwohner von Förder- und Aufbereitungsplätzen“

Mythos 1

Erdgas ist der „Brückenbrennstoff“ zur Erreichung der regenerativen Zukunft, weil bei der Verbrennung etwa 50% weniger CO2 entsteht, als bei Steinkohle.

Untersuchungen dazu von der Cornell University, in Kalifornien, USA belegen eindeutig, dass auch diese Behauptung einer Propaganda der U.S.-Gasindustrie nicht den Tatsachen gerecht wird.

Durch hohe Leckage-Werte unverbrannt entweichenden Methans wird sein Vorteil, bei der Verbrennung nur etwa die Hälfte des schädlichen CO2 freizusetzen, durch die vielfach höhere Schadenswirkung auf die Atmosphäre gegenüber dem CO2, mehr als ausgeglichen.

Seine Schadenswirkung wird mit etwa 2,5 mal höher als die der Steinkohleverbrennung geschätzt. In Summe beschleunigen die großen Mengen des freigesetzten Methans sogar die Erderwärmung.

Neue Untersuchungen in Gasfördergebieten in den USA ergaben Leckage-raten von fast 4% bei konventioneller Förderung vom Gesamtvolumen und 12% bei Fracking-Förderung. (Quelle: Robert W. Howarth, Cornell University „methane emissions and the greenhouse gas footprint of natural gas” Sept.2016

Diese Mengen freigesetzten Methans tragen massiv zur Erderwärmung bei. Ein im U.S.-Portal „ThinkProgress“  am 22.10.2014 erschienener Beitrag von Joe Romm titelt: “Methane Leaks Wipe Out Any Climate Benefit of Fracking, Satellite Observations confirm”.

https://thinkprogress.org/methane-leaks-wipe-out-any-climate-benefit-of-fracking-satellite-observations-confirm-2ac26dd30381

Bohrturm mit Flaring
© pixabay.com

 

Hinzu kommen noch allein in den USA ca. 3 Millionen aufgegebene Altbohrungen der Öl- und Gasförderung, die gemäß kürzlicher Untersuchungen in großem Umfang Methan freisetzen, das unkontrolliert in die Atmosphäre entweicht. (doi:10.1073/pnas.1408315111)

Hinzu kommt weiterhin, dass riesige Mengen an Methan und anderen Begleitgasen bei der Ölförderung anfallen, die weltweit einfach an der Förderstelle abgefackelt werden, weil eine andere Verwendung nicht lohnend erscheint.

Weltweit werden so jährlich etwa 150 Mrd m³ Rohgas vernichtet.

Mythos 2

Erdgas ist sauber und schadet niemandem

Erdgas, als Rohprodukt aus dem Förderrohr, stellt immer ein Gemisch aus verschiedenen Gasen dar, die noch Lagerstättenwasser, Salze und verschiedene Schwermetalle mitführen. Ebenso werden Bestandteile der natürlichen Radioaktivität der Lagerstätte mit heraufgefördert. In der Rohform ist dieses Gasgemisch nicht brauchbar und stark gesundheitsgefährlich.

Ist Erdgas erst einmal gefördert, von Schwermetallen und Quecksilber gereinigt, ebenso von den mit hochkommenden Salzen und radioaktiven Beimengungen, müssen nur noch die höher molekularen Bestandteile der Kohlenwasserstoff-Reihe abgetrennt werden. Alle diese Stoffe sind giftig bis sehr giftig. Nur wenn das aufbereitete Erdgas, das in die Leitungsnetze zum Verbraucher eingespeist wird, in höchstem Maße von diesen Beimengungen befreit worden ist, ist es ungefährlich. Der Begriff „sauberes Erdgas“ ist ein Marketing-Gag.

In den Gebieten, wo Erdgas massiv gefördert wurde und weiter wird, sind die Menschen großen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt, wenn sie nahe an den Förderplätzen wohnen. Die Emissionen der Förder- und Aufbereitungsanlagen schädigen massiv die Gesundheit, wenn sie eingeatmet werden.

Insbesondere betriebsbedingte Arbeitsvorgänge, wie „Freiblasen“, „Workover“ vorhandener Förderbohrungen, „Abfackeln“ unerwünschter Nebengase, „Abgase“ von Gastrockungs- und Trockenmittel-Regenerationsanlagen beinhalten erhebliche Gefährdungspotentiale für Anwohner der Emissionsquellen.  In den USA wurde bei Gebieten mit dichter Förderung schon bei Abständen von 16 km festgestellt, dass werdende Mütter von den Emissionen der Förderung Beeinträchtigung ihres werdenden Kindes erlitten. Totgeburten, Geburtsschäden, früher Kindstod in den ersten Monaten nach der Geburt häufen sich über dem Landesdurchschnitt und steigen immer weiter an, je näher die untersuchten jungen Frauen an den Förderplätzen wohnen. (EHP-Studie vom April 2014   doi:10.1289/ehp.1306722)

Die Steigerungen gehen bis zu siebenfach über den Landesdurchschnitt.

Eine weitere Untersuchung der University of Missouri, veröffentlicht am  05.11.2014 „Development and reproductive effects of chemicals associated with unconventional oil and natural gas operations” untersucht die vielfältigern Wirkungen der zahlreichen Giftstoffe und Chemikalien, die bei der Fracking-Förderung freigesetzt werden können.

(doi:10.1515/reveh-2014-0057) 13 Krebsbildner und zahlreiche endokrin wirkende Substanzen können Arbeiter auf den Bohr- und Förderfeldern, aber auch Anwohner von Produktions- und Aufbereitungsanlagen gesundheitlich schädigen.

Quecksilber, das Gift im Gas:

Unser Erdgas in Deutschland enthält heute geringe Restgehalte an Quecksilber, die unterhalb festgelegter „zulässiger Grenzwerte“ liegen.

Bei einem Jahresverbrauch in Deutschland von etwa 90 Mrd m3 Erdgas werden dann aber doch mehrere to Quecksilberdampf freigesetzt, wenn das Gas verbrannt wird und können so überall hin geraten und auch vom Menschen eingeatmet werden. Hinzu kommen noch Hg-Mengen, die bei der Förderung und Aufbereitung als Hg-Dampf mit in die Atmosphäre treten. Das ist eine insgesamt beachtliche Menge Quecksilber, die so Jahr für Jahr emittiert wird. Bedenklich ist dabei besonders die Tatsache, dass es überhaupt keine untere Wirkschwelle gibt. Quecksilber schadet immer.

Erstaunlicherweise wird das Quecksilber aus der Erdgasförderung in keiner offiziellen Quecksilber-Emissionsstatistik erwähnt, obwohl es sich um mehrere Tonnen pro Jahr handelt, die emittiert werden. Doch kaum jemand spricht darüber. Die Schadenswirkung auf die Menschen darf jedoch nicht unterschätzt werden.

Mythos 3

Fracking-Gasförderung in Deutschland bringt oder erhält viele Arbeitsplätze

Zur Zeit gibt es im Hauptförderland Niedersachsen nach Angaben des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasförderung e.V. ( WEG)  20.000 Arbeitsplätze in der Förderindustrie. Doch diese Zahl ist weitaus zu hoch angesetzt. Tatsächlich befindet sich in und um Celle ein Cluster an Zuliefer-betrieben und deutschen Töchtern großer Internationaler Konzerne und deren Zulieferer. Sie alle fertigen in Celle und in Deutschland wegen der anerkannt hohen Qualität der Spezialprodukte und Spezialzubehöre für höchste Sicherheitsanforderungen. Insgesamt waren in diesem Cluster ca.10.000 Beschäftige tätig, die zu fast 100% für die internationalen Märkte liefern, überall dorthin, wo gefördert und wo gebohrt wird. Wegen der weltweiten Bohrflaute hat sich ihre Zahl inzwischen auf etwa 7.500 reduziert.

Diese Arbeitsplätze hängen kaum davon ab, ob in Deutschland Gas und Öl gefördert wird, oder nicht.

Es bleiben also bestenfalls 10.000 Arbeitsplätze rechnerisch übrig, wobei auch da wieder Spediteure, Straßenbauer, Rohrverleger, Betonhersteller miteingerechnet sind, die tatsächlich auch arbeiten könnten, wenn keine Gas- und Ölproduktion in Deutschland mehr stattfinden würde, aber eben auf einem deutlich geringeren Auftragsniveau basierend.   Das niedersächsische Landesamt für Statistik hat mit Datum März 2015 knapp über 2000 hauptsächliche Mitarbeiter der Öl- und Gasförderung ermittelt. Die Angaben der WEG-Homepage für 2012  – unter „Zahlen und Fakten“  – lauten 9.890 Mitarbeiter (www.erdoel-erdgas.de).

Nehmen wir einmal diese rund 10.000 Arbeitsplätze als gefährdet an und rechnen: bei derzeit über 42 Mio versicherungspflichtiger Arbeitnehmer wären das 0,025% von Gesamt.

Fazit: nicht von wirklicher Bedeutung.

Zum Vergleich: die 15.000 Mitarbeiterinnen aus der SCHLECKER-Pleite werden schon jetzt gar nicht mehr erwähnt.

Eine weitere Überlegung dazu:

wenn die als „Projekte“ derzeit geplanten über 43.000 neuen Bohrungen, allein in Niedersachsen, in größerem Umfang von mehreren Tausend Bohrungen jedes Jahr neu erbohrt werden würden, würde die Gasindustrie in Deutschland sich „Contractors“ aus dem Ausland heranholen und nicht etwa selbst in die sehr teure Bohr- und Frack-Ausrüstung investieren.

Die ausländischen Vertragsbohrtrupps wären obendrein auch viel billiger, als hiesige Arbeitskräfte. Und sie würden je Bohrgerät und Jahr viel mehr Bohrungen abteufen und fracken, als unsere Firmen, denn sie würden so arbeiten, wie sie es international gewohnt sind: ohne Rücksicht auf die Menschen und die Umwelt.

Beschreibung der beabsichtigten flächenhaften Fracking-Beaufschlagung ganzer Landschaften:

Bohrprojekte der Förderer weisen sogenannte „Clusterfelder“ von 2 x 4 km aus, die jeweils mit 2 x 10 abgelenkten Bohrungen erschlossen werden. von der Mittellinie aus werden in der Längsrichtung nach jeder Seite bis 10 Bohrungen erstellt, mit abgelenktem Ende in der Lagerstätte horizontal verlaufend, mit einem parallelen Abstand von ca. 200m nebeneinander. Dadurch ist der gesamte Untergrund des Clusterfeldes von 2 x 4km nach dem Fracking-Vorgang an allen 20 Bohrungen aufgebrochen und das frei werdende Rohgas kann durch die Bohrungen nach oben entweichen.

Und 9 bis 12 solcher Cluster, angeordnet in einer Fläche von 10 x 12 km bilden ein „Förderfeld“ mit 180 bis 240 Bohrungen und einem zentralen Aufbereitungsplatz im Zentrum, mit dem alle Cluster durch Rohrleitungen verbunden sind.

Die nachfolgende Skizze zeigt ein typisches Ausführungsbeispiel für solche den Untergrund flächenhaft hydraulisch aufbrechenden Fracking-Aktivitäten

Vorsicht? Umsicht? – das kostet doch nur zusätzliches Geld – Tempo, Tempo!

Ergo: die erweiterte Bohr- und Frackingtätigkeit würde kaum neue deutsche Arbeitsplätze schaffen, außer zeitweise bei Transporteuren und anderen örtlichen Dienstleistern.

Mythos 4

Tight Gas aus Sandsteinen ist „konventionell“, weil Erfahrungen vorliegen

Es handelt sich bei dem in die tiefen Sandsteinschichten eindiffundierten Erdgas um eine Vorkommensart, die drei verschiedene Erscheinungsformen haben kann, abhängig von der Dichte und Durchlässigkeit der Gesteinsstruktur

a.) großporig offener Sandstein mit einer dichten Deckschicht anderen Materiales darüber. Hier fließt das Gas ohne weitere Maßnahmen nach Anstich durch die Förderbohrung, weil es in der gasführenden Schicht problemlos horizontal zur Förderbohrung strömen kann  Einordnung: konventionell

b.) mittel- bis feinporige Sandsteinstruktur. Wird die Schicht angebohrt fließt nur wenig Gas zur Förderleitung, weil (meist durch den Bohrvorgang) das Gefüge im Bereich der Bohrung auch noch zugequetscht wurde, oder zunächst gar keines. Um den Beginn der Förderung auszulösen, wird die Bohrung mit einer kleinen Menge an Fracfluid „stimuliert“. Jetzt kann das Gas durch die Bohrung abströmen. Die horizontale Durchlässigkeit der gasführenden Schicht ist immer noch so gut, dass Gas von weit her zur Bohrung strömen kann. Danach fördert diese Bohrung viele Jahre  Einordnung „unkonventionell“ da ohne die „Bohrlochbehandlung“ eine Produktion nicht möglich ist.

c.) sehr feinporige, stark verdichtete Sandsteinstruktur. Sie lässt in der unbehandelten Form keinen horizontalen Gasfluss zu. Um eine Gasproduktion aus einer solchen Schicht zu ermöglichen, muss sie im Untergrund flächig aufgebrochen werden. Das wird dann auch durch horizontal abgelenkte Bohrungen und abschnittsweises Fracken der abgelenkten Bohrungstrecke bewirkt. Dazu werden auch Cluster-Bohrplätze mit mehrfachen Bohrungen benötigt, die dann in die verschiedensten Richtungen abgelenkt werden.

Einordnung: „unkonventionell“. Die Gasausbeute aus solchen Schichten ist gering, schon bald nach Beginn der Gasförderung sinkt die Förderleistung spürbar ab und weitere Bohrungen müssen niedergebracht werden, um eine gleichmäßige Gasliefermenge zu sichern.

Fazit: sobald eine Gasförderung nach dem Anbohren der Lagerstätte und den erforderlichen Vorbereitungen nicht von selbst mit Eigendruck fördert und zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um eine Förderung zu ermöglichen, handelt es sich um eine „unkonventionelle“ Lagerstätte.

Die seit etwa Januar 2013 von einigen Gasförderern verbreitete Behauptung, dass Vorkommen in tiefem Sandstein „konventionelle“, seien, weil man ja damit schon Erfahrung habe und weil etwa 1/3 der deutschen Gasförderung aus solchen Vorkommen stamme, dienten dem Zweck, diese Produktion aus den Auflagen der UVP herauszuhalten und weiter so zu verfahren wie bisher.

Leider – unter dem Einfluss der Lobbyisten der Förderindustrie und einer teils willfährigen Wissenschaft – ist diese sachlich völlig unsinnige Unterscheidung in „gutes“ und „schlechtes“ Fracking auch in die am 24.06.2016 beschlossenen Gesetze zur Regulierung der Anwendung der Fracking-Technik in Deutschland eingeflossen und, trotz aller Verweise auf die Fakten, nicht geändert worden.

Dieser Verschleierungstaktik muss entgegen gewirkt werden, denn die Risiken des Hochdruck-Fracking in abgelenkten Bohrungen, die weit in die Lagerstätte hinein reichen, mit allen Begleiterscheinungen, werden auch hier auftreten.

Mythos 5

die wundersame Vermehrung der förderbar geschätzten Gasvorräte in Deutschland durch die BGR im Jahr 2012 (ohne Vorliegen neuer geologischer Daten) und deren offizielle Rücknahme im Januar 2016.

Die Internationale Energie-Agentur (IEA) bekommt seit Jahrzehnten regelmäßig von allen Bohr- und Förderunternehmen Informationen über produzierte Mengen fossiler Brennstoffe und über aufgefundene Lagerstätten und deren geschätzten Gehalt an förderbaren Kohlenwasserstoffen. Diese Abschätzungen sind durch entsprechende Bohrkerndaten untermauert, die Aufschlüsse über die Art, die Mächtigkeit, die Tiefenlage und die Speicherinhalte der Gesteine an Kohlen-wasserstoffen geben. Solche Informationen über deutsche Vorkommen an unkonventionellen Kohlenwasserstoffen lagen der IEA umfangreich vor und sie hat daraus im November 2011 ein förderbares Erdgasvolumen von 227 Mrd m³ aus deutschem Boden abgeschätzt. In 2012 dann schätzte die IEA 0,9 Billionen m³ Gas in Place (GIP) und davon 200 Milliarden m³ förderbar ein.

Am 25.06.2012 kam die BGR mit ihrer „überarbeiteten“ Einschätzung heraus: 13,0 Billionen m³ GIP Mittelwert (Schwankung 6,7 bis 22,7 Billionen) davon 10% angenommen förderbar ergab im Mittelwert 1.300 Milliarden m³ Erdgas förderbar.

Die BGR schätzte also nunmehr ein um 14-fach höheres Gesamtpotential ab und eine förderbare Gesamtgasmenge, die 6,5 mal so hoch war wie die der IEA, ohne dass neuere geologische Daten gewonnen worden waren.

Und plötzlich hatte Deutschland ein interessant erscheinendes Gasförderpotential.

Anschließend wurde in der Fachpresse und in den Medien nur noch von den 1.300 Mrd m³ berichtet, in den Unterlagen des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasförderung (WEG) sogar von den 2.700 Mrd m³ als oberem Wert. Die BGR, obwohl eine Bundesbehörde, versteht sich als Promotor der Verwertung der Bodenschätze im deutschen Untergrund, der damit dem Staat Einnahmen verschafft. Sie ist beim Thema „Fracking-Gasförderung“ keine neutrale Stelle, sondern interessierte Partei auf der Seite der Förderunternehmen. Man tat bis Ende 2015 so, als wäre die Förderung von 1.300 Milliarden m3 Erdgas in Deutschland real möglich.

Das ist sie aber nicht, weil natürlich noch Ausschlussgebiete und Schutzbereiche von den möglichen Förderflächen abgezogen werden müssen. Zudem beruhte die Schätzung der BGR von 2012 lediglich auf der Neubetrachtung der vorhandenen geologischen Daten und Herr Ladage von der BGR behielt sich ausdrücklich vor, dass bei weiterem Erkenntnis-gewinn seine Schätzungen unter Umständen noch stark korrekturbedürftig sein könnten. Sie waren also unverbindlich, nur eben praktischerweise deutlich höher angesetzt.

Im November 2014 im Rahmen einer Vortragsveranstaltung in Hamburg, bei der CDU, ruderte dann Prof. Kümpel, der damalige Leiter der BGR, zurück und nahm von den hohen Schätzungen aus 2012 Abstand. Diese Werte seien zu hoch, die BGR werde Mitte 2015 eine überarbeitete Abschätzung herausgeben. Er kündigte aber schon an, dass der seinerzeit angenommene max. Wert für förderbares Gas von 2.700 Mrd m³ auf 1.000 Mrd m³ gesenkt werde. Die im Januar 2016 veröffentlichte, überarbeitete Schätzung weist statt der 13 Billionen m³ „gas-in-place“(p50) nur noch 6,5 Billionen m³ „gas-in-place“ (p50) aus, also eine Rücknahme der Potentialschätzung um 50%.

Das verbleibende Potential ist wirtschaftlich so gering, dass die riesigen erforderlichen Investitionen, um eine Produktion aufzuziehen, nicht lohnen. Es müssen ja auch wieder Abzüge für Sperrgebiete gemacht werden. Damit rutscht Deutschland wieder in die Gruppe der „uninteressanten“ Länder für die Fracking-Gas-Förderung zurück.

Dennoch wurden am 24.06.16 die Fracking-Erlaubnisgesetze im Bundestag verabschiedet und vom Bundesrat bestätigt.

Mythos 6

Billiges US-Fracking-Gas reicht mindestens 100 Jahre –USA als Exporteur

Die US-Energiebehörde hat sich in den Jahren ab 2003, als die Förderung von Fracking-Gas in den USA immer stärker voran kam, von den Angaben der Förderfirmen zu den förderbaren Gasvorräten blenden lassen, die absichtlich maßlos überhöht dargestellt worden waren.

Die Fehlschätzungen wurden wesentlich dadurch verursacht, dass die Förderkapazität der bereits vorhandenen Fracking-Gasbohrungen auf 25 bis 30 Jahre hochgerechnet wurde, so wie das bei konventionellen Förderbohrungen berechtigt wäre, während die gefrackten Bohrungen in unkonventionellen Vorkommen nur max. 4 bis 5 Jahre fördern und dann aufgegeben werden müssen. Und besonders der starke Leistungsabfall der Fördermenge schon am Ende des ersten Produktionsjahres um über 50% erfordert während dieser Zeit bereits das Abteufen neuer Bohrungen, um eine bestimmte Fördermenge zu halten. Inzwischen hat die US-Energiebehörde schon zweimal ihre Prognosen massiv nach unten korrigieren müssen, weil die Produktionsentwicklung in den USA weit hinter den Prognosen zurück blieb. Nun wurden aus 100 Jahren 25 Jahre, von denen bereits 10 Jahre verstrichen sind. Es bleiben also, rein rechnerisch betrachtet, nach den heutigen Prognosen, noch 15 Jahre.

Die Fracking-Gasproduktion wird nach Ansicht von U.S.-Fachleuten schon 2017 ihren Höchstwert erreichen und danach schnell abnehmen.

Durch die fehlenden Neubohrungen zur Gasförderung ist die Fördermenge seit März 2016 bereits um 4% gesunken.

Irgendwann ab 2025 werden die USA wieder ein großer Importeur von Erdgas sein, weil die Produktion im Lande nicht mehr ausreicht und weil die verbliebenen Vorkommen zu teuer zu fördern sind.

Billiges US-Fracking-Gas: Der extrem niedrige US-Erdgaspreis (2003 noch 10,00 USD/unit) von 2,00 USD/unit Anfang 2012 hatte seine Gründe in einer von Wall-Street-Investmentbänkern spekulativ ausgelösten Überproduktion an Fracking-Erdgas in den USA.

Zeitweise wurde 4-fach mehr produziert, als die Abnehmer in den USA verbrauchen konnten. Dadurch sank der Preis so weit herab. Die Abnahmepreise der US-Haushalte sanken in dieser Zeit übrigens nur um 10 bis 15%. Seit die großen Ölkonzerne der USA in das Erdgasgeschäft eingestiegen sind, das vorher von überwiegend mittelständischen Firmen betrieben wurde, stabilisierte der Gaspreis sich allmählich wieder. Im April 2012 erklärte der CEO Rex Tillerson von ExxonMobil, dem Marktführer bei Erdgas in den USA, dass beim Preis von 2,50 USD/unit sein Konzern jeden Monat bares Geld verliere.

Inzwischen hatte sich der Großhandelspreis in den USA schon wieder bis auf ca. 4,60 USD/unit im Oktober 2014 erholt.

Mit dem Absacken der Großhandelspreise für Rohöl auf deutlich unter 80.00 USD/barrel, und weiter auf zwischenzeitlich unter 35 USD/barrel für WTI-Crude (zur Zeit leicht erholt auf über 50 USD/barrel) fiel auch der US-Inlands-Großhandelsgaspreis und liegt zur Zeit wieder bei ca. 2,65 USD/unit (pro MMBtu). (Henry-Hub-Preis)

Die Verluste der Förderkonzerne in den USA explodieren und seit Jahresende 2014 waren mehr und mehr dieser Unternehmen vom Konkurs bedroht, da sie aus der Mischfinanzierung (Verkauf Fracking-Rohöl zu über 80,00 USD/barrel und Verlustverrechnung aus der Gasförderung gegen Erträge aus dem Öl) keine Vorteile mehr ziehen konnten und die bei noch besseren Preisen abgeschlossenen Lieferkontrakte auslaufen.

Seit Januar 2015 bis Februar 2017 sind 312 Unternehmen bereits in Konkurs gegangen (Förderer und Service-Unternehmen) seit Jahresanfang 2017 hat sich hier die Lage aber stark beruhigt.

(www.heise.de/tp/artikel/44/44080/)

Ein massiver Personalabbau bei den Förderfirmen und bei den Service-unternehmen erfolgt schon länger und setzte sich auch 2016 fort.

Auch die Zahl der aktiven Bohrtürme wurde laufend weiter zurück gefahren.

Seit Juli 2016 ist allerdings eine deutliche Trendwende in Nordamerika zu verzeichnen, die sich zum Jahresende hin verstetigte, wobei allerdings Fracking-Öl deutlich überwiegt. Seit März 2017 hat sich die Wiederbelebung stark verlangsamt, vor allem durch massive Stilllegungen in Kanada.

Durch die weltwirtschaftliche geringere Nachfrage sind auch die globalen Bohraktivitäten deutlich reduziert worden, da nicht zu erwarten ist, dass diese Ausgaben sich kurzfristig amortisieren werden und stagnieren auf niedrigem Niveau. Das Service-Unternehmen Baker Hughes führt Statistiken über die Zahl der im Einsatz befindlichen Bohrtürme in Nordamerika und international.

Bohrtürme im Einsatz (Stück)

       Sept. 2014   08/ 2015  12/2015  02/2016  06/  12/2016  03/2017  26.05.17

USA         1.935      838              700    514      440     665       824        908

Kanada      435       176             126     206        81     205       155         93

Nordam.

gesamt  2.370     1.014             826    720      521     870       979     1.001

International:

1.320     1.137         1.109    1.045     925     925       943       956

gesamt: 3.690      2.151        1.935    1.765  1.407   1.795   1.922    1.957

 

Der Rückgang in Nordamerika betraf überwiegend den Ölbereich.

(phx.corporate-ir.net/phoenix.zhtml?c=79687&p=irol-rigcountsoverview) Entsprechend ist auch demnächst mit einer deutlichen Abnahme des Fördervolumens in den USA zu rechnen. Zunächst ist die Öl-Produktionsrate jedoch nur um 7% gefallen und stieg seit Jahresende 2016 durch Effizienzsteigerungen wieder an.

Die Erdgas-Förderkonzerne machen weiter große Verluste, nun schon im sechsten Jahr. Deshalb verstärken sie den LNG-Gasexport.  Ihr Ziel ist es, durch Verknappung des Angebotes in den USA den Gaspreis auf mindestens 7,00 USD/unit zu heben. Dann würden die günstigsten Vorkommen mit hohen Leistungen je Förderbohrung profitabel arbeiten, die ungünstigeren erst bei höheren Preisen.

Geeignete Verflüssigungs- und Verladeeinrichtungen zum LNG-Gas-Export sind im Bau und die inzwischen 3 LNG-Linien der Anlage in Sabine Pass in Louisiana produzieren fleißig.

Seit Beginn der ersten Produktion irn Herbst 2015, waren Änderungen 2016 für den U.S.-Gasmarkt noch gering, doch mit dem Produktionsbeginn der 3. LNG-Linie in Sabine Pass im Frühjahr 2017 hat sich die Kapazität spürbar erhöht.

Weiterhin leisten die Stromerzeuger, die auf Gasturbinenantriebe umgestellt haben, erbitterten Widerstand, da mit steigendem Gaspreis ihr Geschäftsmodell unwirtschaftlich würde. Schon hatten erste Stromerzeuger stillgelegte Kohlekraftwerke in 2014 wieder in Betrieb genommen, als der U.S.-Großhandels-Gaspreis zeitweise die 4,00 USD/unit überschritten hatte.

In den Köpfen vieler EU-Politiker schwirrt die Vorstellung herum, mit „billigem“ U.S.-Gas, könne der EU-Gasmarktpreis stabilisiert werden.

Diese Einschätzung hat wohl auch zu der EU-Entscheidung im Oktober 2016 geführt, die LNG-Anlandungskapazitäten auszubauen, obwohl ihre derzeitige Kapazität schon um ein Drittel zu hoch ist und nur zu 20% ausgelastet ist und obwohl der Erdgasbedarf der EU seit Jahren rückläufig ist.

Damit werden die Ziele des Pariser Klimagipfels vom Dezember 2015 direkt unterlaufen, denn LNG-Gas aus gefrackten Vorkommen ist mehr als dreifach umweltschädlicher als konventionelles Erdgas als Röhrengas. Das US-LNG-Gas  ist  deutlich teurer als das verfügbare Pipeline-Gas im EU-Verbundnetz und auch als das LNG-Gas (Basis Anlieferungen an britischen Großhandel).

Abschätzung:

US-Großhandelspreis (Hernry-Hub-Preis)   zur Zeit bei ca. 2,65 USD/MMBtu

LNG-Verflüssigungskosten                               zur Zeit bei ca. 4,00 USD/MMBtu

Transport- plus Rückvergasung                       zur Zeit bei ca. 1,0 -3,0 USD/MMbtu

Summe Kosten:                                                 zur Zeit bei ca. 7,65 – 9,65  USD/MMBtu

ICIS-Notierung für LNG US-Golfküste fob: 5,00 USD/mmBtu am 15.03.2017 und dann gibt es zu bedenken, dass der Anliefergaspreis in den USA ja weit unter der Kostendeckung für die Förderung liegt.

Statt 2,60 USD/MMBtu müssten wenigstens 6,50 bis 7,50 USD/MMBtu erzielt werden. Die LNG-Preise lägen dann entsprechend höher.

Zum Vergleich: LNG-ICIS-Index für Nordwest-Europa am 15.03.17 4,744 USD/MMBtu Lieferpreis

Die Marktentwicklung in den USA unter den Fracking-Förderfirmen war teilweise dramatisch. ecowatch.com/2016/01/18/fracking-industry-bankrupt/

Zitat:”Die amerikanische Shale-Förderindustrie benötigt zwischen 60 und 70 USD/barrel Öl, um überleben zu können“. (heute bei 50 bis 60 USD/barrel)

Zitat: „Die Hälfte aller heutigen Förderunternehmen hat kein legitimes Recht, im Geschäft zu bleiben, weil sie zu teuer produzieren“.

BHP-Billiton hat am 14.01.2016  7 Milliarden USD ihres Shale Gas Geschäftes in den USA als Verluste abgeschrieben (Financial Times-FT.com_Europe.htm)

Chesapeake, der größte U.S.-Fracking-Förderer, hat seit Mitte 2014 bis Ende Januar 2016 über 91% ihres Börsenwertes verloren und wird zur Zeit nur noch mit ca. 1 Mrd USD bewertet.

Neuere Angaben einiger Förderunternehmen im Oktober 2016 über erreichte Kostenreduzierungen bei der Fracking-Ölförderung und künftig erreichbare Förderpreise von ca. 50 USD/barrel in guten Shale Feldern zeigen auf, wo die Grenze künftiger Ölpreise liegen dürfte, denn sowohl die OPEC als auch Russland haben kein Interesse daran, die USA als großen Marktteilnehmer hinzu zu bekommen.

ExxonMobil hat gerade verkündet, dass sie in den nächsten Jahren bis zu 22 Mrd USD in den Ausbau der U.S. Shale Öl-Förderung investieren wollen, nachdem Präsident Trump Lockerungsmaßnahmen für die Industrie angekündigt hat und die EPA drastisch schrumpfen will.

Mythos 7

US-Förderunternehmen produzieren Fracking-Gas wirtschaftlich, ohne Subventionen

Die US-Regierung strebte eine möglichst weitgehende Autarkie in der Versorgung mit fossilen Brennstoffen an, so wie das vor Jahrzehnten schon einmal der Fall war. Darum wurden und werden die Kohlenwasserstoffe fördernden Unternehmen massiv subventioniert, damit sie bereit sind, die mit der Aufsuchung, Förderung, Aufbereitung, Verarbeitung, Verteilung undFinanzierung verbundenen hohen Risiken einzugehen. Auch die Unternehmenssteuern wurden und werden weiterhin für die Förderunternehmen in den USA in großem Umfang erlassen oder gestundet.

Insgesamt wurde die U.S.-Fracking-Gasförderung 2013 mit einem Subventionsaufwand von ca. 47 Milliarden USD  vom amerikanischen Steuerzahler subventioniert. Dieser Wert hat sich 2016 deutlich verringert, da Aktivitäten zur Erbohrung neuer Förderbohrungen um mehr als 60% geringer sind, als 2014 und erst vorsichtig wieder belebt werden.

http://priceofoil.org/2014/07/09/cashing-in-on-all-of-the-above-u-s-fossil-fuel-production-subsidies-under-obama/

Außerdem gelten seit 2005 die Befreiungen für die Fracker von den Vorschriften des Wasserschutzes und des Umweltschutzes und von den Vorschriften zur Entsorgung hoch giftiger Abfälle in speziellen Sonderdeponien. Hinzu kam die Befreiung von Reparatur- und Ausgleichspflichten für beschädigte Straßen und Wege durch die Schwertransporte im ländlichen Raum (die „Halliburton-loophole“-Gesetze unter Dick Cheney 2005)

Mythos 8 (ergänzt um Umstellung auf Fremdgasversorgung 03.2017)

„Heimisches“ Fracking-Gas könnte Deutschland unabhängig von Importen machen.

Der Begriff „heimisch“ ist im Zusammenhang mit der Öl- und Gasförderung aus deutschem Boden absolut irreführend, wird aber gern von der Förderindustrie und den führenden Politikern verwendet, um dieser Förderung ein „nationales Mäntelchen“ umzuhängen.

Die Fakten hingegen sind die: der Besitzer einer Förderbohrung, die er zuvor gemäß den Vorschriften der zuständigen Bergbehörde und auf der Basis der Regelungen des geltenden Bundesberggesetzes niedergebracht hat, bezahlt für jeden m³ gefördertes Erdgas oder jeden m³ Erdöl einen „Förderzins“.

Und sobald dieser „Zins“ gezahlt ist, wird aus „heimischem“ Gas z. B. „Exxon-Gas“. Das geförderte Medium geht voll und ganz in den Besitz des Förderers über und er kann frei darüber verfügen. Er kann zum Beispiel das geförderte Gas auch über das Europäische Ferngasnetz nach Holland, Frankreich oder Belgien liefern und dort verkaufen, oder auch an deutsche Abnehmer. Er kann es auch, wegen der vergleichsweise geringen Menge mit anderem Erdgas „verschneiden“.

Das bei uns in Niedersachsen geförderte Erdgas ist „L“-Gas mit einem niedrigeren Energiegehalt.

Was allerdings tatsächlich „heimisch“ bleibt, weil es in unserem Unter-grund geschieht, ist die Beeinträchtigung und Gefährdung unserer Grundwasservorräte durch die Förderaktivitäten und die nachfolgende Verpressung hoch giftiger Abfallflüssigkeiten in den Untergrund in unserem Land. Und diese solcherart billig entsorgten Abfälle sind Zeitbomben, die in Kürze, oder aber erst in der nächsten Generation, das Grundwasser in der Gegend ihrer Deponierung im Untergrund kontaminieren und für die Verwendung als Trinkwasser und Brauchwasser verderben können.

Und in den verabschiedeten Gesetzen zur Regulierung ist die „Verpressung“ als zulässige Entsorgung in alle bisherigen Verpressbohrungen mit Bestandskraft versehen und darf in ausgeförderte Kohlenwasserstoff-Vorkommen künftig ohne Tiefenbegrenzung weiterhin neu angelegt und durchgeführt werden.

Namhafte Experten schätzen, dass bestenfalls 2,0% bis 2,5% unseres heutigen jährlichen Gesamt-Primärenergieverbrauches aus Bohrungen in deutschem Boden für einige Zeit befriedigt werden könnte. Das Fracking-Gas könnte dazu beitragen, in etwa das heutige Fördervolumen aufrecht zu erhalten, da die bisherigen Förderquellen schnell zu Ende gehen werden. Das bedeutet, dass wir weiterhin weit über 90% unseres jährlichen Gasbedarfes importieren müssten, selbst dann, wenn der Gesamtbedarf an Gas weiter abnehmen würde, wie bisher (seit dem Spitzenwert von 2010 hat der Gasverbrauch der EU bis 2014 um 26% abgenommen).

Also würde unsere Importabhängigkeit nur marginal eingeschränkt werden. Aus dem gleichen Grund heraus, dass die erwarteten zuverlässig produzierbaren Gasmengen viel zu gering sein würden, gegenüber dem Bedarf in Deutschland, wäre über sie eine preisregulierende Wirkung nicht möglich.

Aber einmal abgesehen von der Verwendung, in Deutschland produziertes Fracking-Erdgas im Sinne der Pläne der Förderunternehmen der Gasindustrie würde, bei Einsatz der Methode des flächenhaften Aufbruches von Cluster-Bohrplätzen aus, um ein Vielfaches teurer in der Produktion werden, als konventionelles Erdgas zu heutigen Großhandelseinkaufspreisen ist. So lange diese Marktpreise für die Lieferung des konventionellen Erdgases weiter im westeuropäischen Gasverbundnetz auf dem heutigen Niveau verbleiben, hat Fracking-Erdgas keine Vermarktungs-chancen, es sei denn, jeder m³ Erdgas würde massiv vom deutschen Steuerzahler subventioniert.

Darüber hinaus ist unser Verbraucher-Lieferpreis für Erdgas ja mit hohen abschöpfenden Preis- und Steueraufschlägen belastet, die politisch gewollt, dazu dienen, dem Staat Steuereinnahmen zu verschaffen. Durch die künstliche Koppelung des Gaspreises an den Ölpreis wird ein weiteres Mal in die Preisbildung des Gaspreises eingegriffen. Weder unsere Gashändler, die das Gas von den ausländischen Liefergesellschaften kaufen, noch die Bundesregierung, noch die Netzinhaber der lokalen Endversorungs-netze, haben irgend ein Interesse, den Gaspreis zu senken. Sie alle haben nur ein Interesse: den Gaspreis auf unsere Kosten, auf Kosten der privaten Endabnehmer, steigen zu sehen. Und die Industrie, damit sie nicht jammert, bekommt Sonderpreise für Großabnahme von Erdgas und ist somit gar nicht in dem Maße betroffen, wie man es uns immer glauben machen will.

Spart sich Deutschland durch die „heimische“ Gasproduktion entsprechend Importkosten ein? Die Gasproduktion in Deutschland ist nicht in der Hand des deutschen Staates oder eines staatlichen Unternehmens. Und die Gasversorgung ist ebenfalls nicht in der Hand des deutschen Staates oder eines staatlichen Unternehmens.

Auch die großen im deutschen Boden angelegten Kavernenspeicher für Gas sind nicht (mehr) in staatlicher Hand, sondern wurden „privatisiert“ und befinden sich ausschließlich im Besitz von Mitgliedsfirmen der WEG.

Für die Erdölbevorratung ist eine Sondervereinbarung mit den Firmen getroffen worden, die Erdöl bevorraten und Erdöl verarbeiten, die „Erdölbevorratungs-Vereinbarung“ die von der in Hamburg beheimateten EVB überwacht und gesteuert wird. Somit hat der Staat beim Öl eine Zugriffsmöglichkeit im Notfall.

Es gibt jedoch keine Gasspeicher in staatlichem Besitz oder Zugriff, auf welche im Notfall zurück gegriffen werden kann. Die aktiennotierten Förder-unternehmen, die in Deutschland tätig sind, sind zugleich auch Brennstoffhändler für fossile Brennstoffe. Sie optimieren Ihre Kosten und Gewinne zum Wohle der Aktionäre und sonst gar nichts. Sie kaufen Erdgas zu Tageskursen ein, die je nach der Nachfrage im EU-Verteilernetz großen jahreszeitlichen Schwankungen ausgesetzt sind. Gas-Kavernenspeicher im deutschen Boden werden dazu eingesetzt, im Sommer, während der Zeit der geringsten Nachfrage, zu Niedrigpreisen Gas zu importieren und zu lagern und dann während der Heizperiode das Gas zu höheren Preisen in das deutsche und zentral-europäische Netz einzuspeisen.

Die Zahlen sprechen für sich: die Gasproduktion in Deutschland hat keinen großen Einfluss auf die Importe.  Ca. 90 Mrd. m³ Erdgas werden importiert und etwa die gleiche Menge wird auch jährlich in Deutschland verbraucht. (Tendenz stark rückläufig lt. AG Energiebilanzen e.V. Berlin für 2014 minus 18% gegenüber Vorjahr (  ageb-pressedienst_07_2014.pdf  v.28.10.2014)

Ca. 8 Mrd. m³ Erdgas werden gefördert und etwa 10  Mrd. m³ werden jährlich exportiert.   (Werte 2015)

Wenn auch das bei uns geförderte Erdgas als L-Gas in einem gesonderten Netz verteilt wird, mindert seine Förderung nicht die Importmenge, da gleichzeitig Gas exportiert wird. Durch die Einbindung in das zentraleuropäische Erdgas-Verbundnetz und durch die großen privaten Gas-Speicherkapazitäten, die über Konsignationsvereinbarungen unverzollt befüllt werden und deren Gasfüllungen erst bei Abgabe ins Netz zur „Inlandsware“ werden, ist eine Abgrenzung nur schwer möglich.

Die Reduzierung der „unkonventionellen“ Gasvorräte „in-place“  durch die BGR im Januar 2016 um 50%, verdeutlicht  auch, welcher im Gesamtkontext nur geringe Beitrag durch in Deutschland gefördertes Gas möglich wäre.

Der große Schwenk zur Versorgung Niedersachsens mit „H“-Gas:

Am 18.03.2017 wurde veröffentlicht, dass die Gasversorger in Niedersachsen damit begonnen haben, Niedersachsen auf den Bezug von „H“-Gas umzustellen.

Diese Umstellung wird insgesamt noch bis 2018 benötigen.

Danach werden wir mit Erdgas aus Norwegen und Russland versorgt werden, dass die höheren Brennwerte besitzt.

Das in Deutschland geförderte Erdgas wird dann nicht mehr für uns verwertbar. Ein Vermischen/Verschneiden zur Senkung des hohen Energiegehaltes der importierten Erdgase wird von den Gaslieferanten abgelehnt.

Damit ist „heimisch“ endgültig als Propagandabewertung entlarvt worden.

Mythos 9

Die Gesamt-Frackingtechnik und ihre Begleitwirkungen sind sicher kontrolliert

Trotz inzwischen mehrerer 100.000 niedergebrachter und gefrackter Bohrungen in ganz unterschiedlichen Gesteinsformationen und Tiefen in den USA und in Kanada ist das hoch komplexe Gesamtverfahren – mit allen seinen Begleiterscheinungen nicht sicher beherrschbar und einige Baugruppen bilden bekannte Schwachstellen, wie zum Beispiel die Förderbohrungen und ihre abdichtende Zementierung zur Abdichtung der äußeren Bohrungsdurchmesser gegen den umgebenden Untergrund.

Die international operierende Service-Firma ARCHER WELL COMPANY, Houston, USA, ist auf Bohrungsabdichtungen spezialisiert, um undichte Bohrungen zur Förderung und Verpressung zu reparieren. In ihren Unterlagen berichtet sie über die hohe Rate defekter Bohrungen der Öl- und Gasindustrie weltweit. ( Archer better well integrity-failure-presentation.pdf )

Hinzu kommen die Versagensgründe durch menschliche Fehler.

Gerade durch die hoch komplexen Abläufe im Höchstdruckbereich, mit Systemdrücken von bis zu 1.500 bar können schon kleinste Fehler gewaltige Wirkungen haben.

Die hohe Unfallrate auf den Bohr- und Förderplätzen der Fracking-Förderung in den USA, verglichen mit normalen Arbeitplätzen in der Industrie, zeigt schon, welche besonderen Herausforderungen die Fracking-Gasförderung und ihre Begleiterscheinungen mit sich bringen. Die tödlichen Arbeitsunfälle auf den Bohrplätzen sind fast zwölfmal häufiger als auf Industriearbeitsplätzen im Landesdurchschnitt der USA.

Von der Gesundheitsgefährdung durch die austretenden Flüssigkeiten und Gase her gilt Folgendes: das Fracfluid, also die auf dem Bohrplatz direkt zusammenzustellende Mischung aus, Wasser, Füllsand und Chemikalien enthält  Komponenten, die für den Menschen gesundheitsgefährlich sind. Der Flowback, das nach der Druckentlastung wieder nach oben kommende gebrauchte Fracfluid, ist zusätzlich belastet durch die Aufnahme von Gasen und Flüssigkeiten, die im Untergrund mobilisiert wurden. Höchst gefährliche Ausdünstungen können nach der Rückförderung und bei der Entspannung dieser Flüssigkeiten an der Oberfläche auftreten und Bohrstellenarbeiter und Anwohner schädigen. Mehrere Todesfälle in den vergangenen Jahren in den USA auf Bohr- und Frackplätzen werden mit der Vergiftung der mit Flowback umgehenden Arbeiter erklärt.  Das in der Lagerstätte vorhandene so genannte „Lagerstättenwasser“ ist H2O, das beim Umwandlungsprozess der fossilen Sedimente in Kohlenwasserstoffe während Millionen von Jahren anfiel und sich ebenfalls in der Lagerstätte befindet. Egal ob Öl oder Gas, diese Flüssigkeit fällt bei der Förderung überall in größeren Mengen an. Sie ist in der Regel hoch salzhaltig und hoch gefährlich, weil sie das Schwermetall Quecksilber und andere Metalle wie Blei, aber auch höher molekulare Kohlenwasserstoffe wie Benzol, Toluol und Xylol enthält, die extrem giftig sind. Auch radioaktive Bestandteile sind enthalten und werden mit der Förderung aus der Lagerstätte gespült und an die Oberfläche gebracht.

Austretende Gase bestehen ja nicht nur aus dem gewünschten Gas Methan, sondern auch aus anderen Gasen der Kohlenwasserstoffgruppe und auch aus Schwefelwasserstoff, der hoch toxisch ist. Inzwischen häufen sich neuere Untersuchungen in den USA zur Gefährdung der Gesundheit von Anwohnern der Fracking-Gas- und Fracking-Öl-Förderplätze und anderer Emissionsquellen im Rahmen der Fracking- und Förderaktivitäten.

Stellvertretend führe ich nur zwei Studien an: „Birth Outcomes and Maternal Residential Proximity to Natural Gas Development in Rural Colorado” vom April 2014 , durchgeführt durch ENVIRONMENTAL HEALTH PERSPECTIVES (EHP) (doi:10.1289/ehp.1306722)

Noch in mehr als 16 km Entfernung von den Emissionsstellen erlitten schwangere Frauen Beeinträchtigungen ihrer ungeborenen Kinder im Mutterleib, die mit der Luft herangetragenen Giftstoffe werden als Ursache vermutet.

Die zweite Studie wurde im November 2014 veröffentlicht: „Environmental Health Research Recommendations from the Inter-Environmental Health Science Core Center Working Group on Unconventional Natural Gas Drilling Operations“ enthält die Feststellung: “es existiert eine potentielle Gesundheitsgefährdung durch Wasser und Luft, die der öffentlichen Gesundheit schaden könnte“.

In der Schlussaussage heißt es unter anderem: „Forschungen zu den Belastungen und den gesundheitlichen Folgen beim Erdgasbohren mit Fracking und anschließender Förderung werden dringend benötigt“….

(http://dx.doi.org/10.1289/ehp.1408207)

Eine von dem Umweltschutzverband „Pennsylvania Alliance for Clean Water and Air“ in Pennsylvania geführte Liste Geschädigter auf Grund von Schädigungen durch die Fracking-Förderung der Öl- und Gasindustrie in den USA, sowohl durch Gesundheitsbeeinträchtigungen und Erkrankungen, als auch durch eingetretene Vermögensschäden, die sogenannte „List of The Harmed“ hat eine stete Zunahme zu verzeichnen.

(https://pennsylvaniaallianceforcleanwaterandair.wordpress.com)

zum Stichtag  30.07.2013  waren es    1.556 Personen

17.12.2013                       2.507 Personen

14.01.2014                       4.827

07.06.2014                      6.085

18.02.2015                     14.014

28.08.2015                    16.719

27.11.2015                      16.974

25.03.2016                     21.557

17.06.2016                      21.590

08.2016                           21.658

31.10.2016  waren es    21.700

25.05.2017                      21.732

Innerhalb von 24 Monaten vom Januar 2014 zum Oktober 2016 sich die Zahl auf das 4-fache erhöht. Es wird in den USA immer breiter bekannt, dass es diese Liste gibt und mehr und mehr Menschen haben auch den Mut, sich dort registrieren zu lassen. Vor dem Hintergrund, dass die Unternehmen der Förderindustrie in den USA bei Abschluss der Leasing-Verträge, gleich mit hohen Strafen bewehrte Verschwiegenheitsverträge von den Grundstückseigentümern unterschreiben lassen, ist von einer riesigen „Dunkelziffer“ geschädigter Menschen auszugehen.

Mythos 10

Grundwasserschädigungen sind praktisch ausgeschlossen durch hohe Standards.

Der Fracking-Prozess selbst ist in seiner Wirkung im Untergrund nur begrenzt vorhersagbar. Erst bei der Durchführung wird sich dann zeigen, ob nicht verborgene Fissuren im Untergrundgestein das geplante Ergebnis und die geplante Risserstreckung der Fracking-Risse vereiteln, oder ob vergessene Altbohrungen der Hochdruckflüssigkeit unerwartet den Weg an die Oberfläche ermöglichen.

Es gibt zwar viele Theorien über die Rissausbreitung beim Fracken, speziell in vertikaler Richtung (weil darüber ja die Grundwasserleiter zu finden sind), aber Praxiserfahrungen aus über 1.200 Bohrungssätzen in verschiedenen geologischen Gebieten und sowohl an Land, als auch an Förderbohrungen im Meer, ergaben nach Auswertungen der Durham University, U.K. und dem Bericht dazu vom April 2012 eine vertikale Rissausbreitung von 588m als realistisch möglich.(doi:10.1016/j.marpetgeo.2012.04.001).

Es wurden auch vertikale Rissausbreitungen von über 1.100 m festgestellt, aber als absolute Einzelfälle aus der Betrachtung herausgenommen.

Aber nicht nur der Fracking-Prozess gefährdet das Grundwasser. Schon beim Bohren der Förderbohrung in den tiefen Untergrund wird die Wasserebene des trinkbaren Grundwassers durchbohrt und die Bohrspülung kann bereits ins Grundwasser gelangen.

Später, wenn die hoch giftigen Abfallflüssigkeiten unter Hochdruck in den tiefen Untergrund gepresst und so billig entsorgt werden, meistens unter Verwendung ehemaliger Förderbohrungen, entstehen aus diesen verpressten Flüssigkeitsmengen im Untergrund tickende Zeitbomben, die das darüber liegende Grundwasserniveau durch Migration im Untergrund und durch Aufstieg über Klüfte und Altbohrungen kontaminieren können.

Es wurde festgestellt, dass diese deponierten Flüssigkeiten sich im Boden ausbreiten und nicht etwa statisch am Einpressort verbleiben. Und nach Stilllegung und Versiegelung von Förder- und Verpressbohrungen können diese durchkorrodieren und so Durchlässe für Gase und Flüssigkeiten schaffen, die danach in Grundwasserleiter gelangen können. Deutsche Bergbehörden beharren dennoch bis heute darauf, dass diese verpressten Flüssigkeiten sich nicht bewegen.

Auch die Schwachstelle „Förderbohrung“ stellt eine latente Gefahr für die Schädigung des Grundwassers dar, da an der bei ihrer Erstellung geschaffenen „Durchbruchstelle“ entlang der Aufstieg von Gasen und Flüssigkeiten aus größerer Tiefe leichter möglich ist (siehe auch unter „Mythos 11“).

Mythos 11 (-Ergänzung 6. Untersuchung nach Explosion in Texas)

(Ergänzung Methan-Ausbreitungsversuche der University of British Columbia, Kanada, in sandigen Grundwasserleitern – Guelph-Studie 27.03.2017)

„Brennende“ Wasserhähne in den USA und Kanada haben nichts mit Fracking-Gasförderung zu tun.

Nach der Verbreitung des in den USA mit einem Preis ausgezeichneten Dokumentarfilmes „GASLAND“ von Josh Fox ließ die U.S.-Gasindustrie eine Gegenpropaganda erarbeiten.

Ein Wissenschaftler-Team berichtete später, dass es sich bei derartigen Erscheinungen in Pennsylvania nicht um Erdgas handele, das aus gefrackten Gasvorkommen aufgestiegen und in die Brunnen der Häuser gelangt sei, sondern es sei als Methan analysiert worden, das aus oberflächennahen Verwesungsprozessen im Boden stamme (heute wissen wir, dass es beides gibt). Und seither wird die Behauptung die Methanzumischungen im Brunnenwasser könnten ausschließlich von oberflächennahen Gärprozessen stammen, überall von der Gasindustrie propagandistisch als Waffe gegen Fracking-Gegner eingesetzt, auch vom ExxonMobil-Konzern in Deutschland. Auch der ehemalige BGR-Chef und aggressive Fracking-Unterstützer Prof. Kümpel verbreitete diese Propaganda, trotz besseren Wissens, bis zu seinem Ausscheiden aus der BGR Ende 2015.

Auch der Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasförderung (WEG) stützt sich auf diese „wissenschaftlichen Untersuchungen“ in den USA ab.

Die Wahrheit sieht jedoch anders aus!  Ich verweise auf  jetzt 6

Untersuchungen:

Schon im Jahr 2000 in Peking bei einem weltweiten Branchentreffen trug die Society of Petroleum Engineers (SPE) –kanadische Sektion – ihren Bericht SPE-64733 „Why Oilwells Leak“ vor. (https://www.onepetro.org/conference-paper/SPE-64733-MS)

Darin wurde über Untersuchungen an undichten Förderbohrungen in Alberta, Kanada, berichtet, die dann zur Ausbreitung des Methans im Boden geführt hatten und zur Anreicherung in Brunnenwässern von Wohnhäusern und teils auch zu Bränden in Häusern durch das mit dem Wasser aus den Hähnen austretende Rohgasgemisch.

Wegen Beschwerden der Anwohner von Förderplätzen hatte die COLORADO Oil and Gas Conservation Commission (COGCC) mehrere Brunnenanlagen untersucht, auch solche im Weld County bei denen die Bilder des GASLAND-Filmes entstanden waren, und festgestellt, dass zwei der aufgenommenen Stellen biogenes Methan aus oberflächennahen Zersetzungsprozessen im Wasser hatte, während die andere auch thermogenes Methan – in Begleitung anderer BTX-Stoffe auswies und daher durch die Förderung geschädigt war. 2011 wurden diese über mehrere Jahre hinweg durchgeführten Untersuchungen veröffentlicht. Zugleich wurden aber auch Maßnahmen verfügt, um künftig das Aufsteigen von Produktionsgas entlang der Förderleitung möglichst in COLORADO auszuschließen.

Und eine Untersuchung durch Autor Thomas Darrah vom September 2014 durch die PNAS (doi:10.1073/pnas.1322107111) in den USA in den Fördergebieten des Barnett Shale und des Marcellus Shale bestätigt, dass es sehr wohl die schadhaften Zustände der Förderleitungen sein können, die zum Austritt geförderten Gases in den umgebenden Untergrund und zum Aufstieg entlang der Förderbohrungsummantelung nach oben in den Grundwasserbereich geführt haben.

Die große Mehrzahl der dort untersuchten Fälle ergab, dass gefördertes Methan aus Erdgaslagerstätten durch Undichtigkeiten, Unzulänglichkeiten, unvollständige oder fehlende Abdichtung zwischen dem Außenmantel der Förderbohrung und dem umgebenden Gestein die Möglichkeit hatte, außen an der Bohrung entlang nach oben zu steigen.

Die 4. Untersuchung zu Methan im Trinkwasser veröffentlicht im Februar 2016 untersuchte das Trinkwasser von Brunnen um Förderplätze in den USA  in Texas, Kalifornien und Pennsylvania durch ein Team der Stanford University unter Robert Jackson.

http://ecowatch.com/2016/02/23/drinking-water-methane-contamination/

Sie hat erneut bestätigt, dass Methan außen durch die Zementierung an den Förder- und Mantelrohren aus der Tiefe nach oben steigt, oder aber dass schlecht montierte Mantelrohre ihm die Aufstiegsmöglichkeit verschafft hatten.

Rund um die Förderbohrung, in einem Umkreis von 800 m, wurden die Hausbrunnen der Anwohner durch eindringendes Methan und andere Gase beschädigt. Fracking hat zu bedeutenden Zunahmen der Grundwasserschädigungen in Texas und Pennsylvania geführt.

Die 5. Untersuchung zur Schädigung von Brunnenwasser durch die Fracking-Förderung wurde von der U.S.-Umweltbehörde EPA im Juli 2016 veröffentlicht:

https://www.epa.gov/sites/production/files/2016-07/documents/wfr2_final_07-28-16_508.pdf

Auch diese Studie bestätigt 1 bis 6 undichte Bohrungen unter jeweils 200, die Schäden in der Zementierung oder in der Verrohrung von Beginn an aufwiesen, wodurch die Möglichkeiten für Gase und Flüssigkeiten gegeben waren, sich entlang der Bohrung nach oben auszubreiten.

Die wissenschaftliche Überprüfung der Studie ergab aber erhebliche Mängel:

die EPA definierte nicht, was mit „weit verbreitet und systematisch“ gemeint ist die großen bekannten Schadensfälle wie Pavillion, Wyoming, Parker County, Texas Dimock. Pennsylvania sind nicht sauber eingeschlossen, die erwartete große Ausdehnung an Fracking-Projekten wird nicht berücksichtigt, die Studie ist im Umfang zu begrenzt, um eine zuverlässige Gesamtaussage machen zu können, wichtige Begrenzungen in der Datenbasis werden nicht diskutiert.

Kritik zusammengefasst an der Studie: sie stellt diese Schwachstelle zu optimistisch dar, der tatsächliche Schadensumfang wird weit höher geschätzt. Nachbemerkung: die offizielle Endfassung dieser Studie liegt inzwischen vor und stellt fest: „es besteht die Möglichkeit, dass Trinkwasserbrunnen durch Fracking beschädigt werden können…“

Zu den massiven Brunnenschädigungen in Dimock, Pennsylvania, wurde am 24.05.2016 eine Bewertung der Gesundheitsgefährdung der Agency for Toxic Substances and Disease Registry (ATSDR) veröffentlicht.

Die Ergebnisse der Wasseruntersuchungen von 64 privaten Hausbrunnen entlang der Carter Road in Dimock belegen massive Schädigungen durch die Fracking- und Förderaktivitäten der Cabot Oil & Gas in 2008.

In 5 Brunnen wurde Methan in explosionsgefährlichen Mengen gefunden, in weiteren 12 Brunnen geringere Methan-Gehalte. In 20 Brunnen wurden Bleibelastungen und Lithiumbelastungen festgestellt. In 13 Brunnen wurden Arsenbelastungen festgestellt, davon in 10 mit besonders hohen Werten.

In 16 Brunnenanlagen wurde eine Salzbelastung von über 20.000myg/ltr ermittelt. Die ATSDR kommt zu der Bewertung: das Brunnnenwasser ist für den Verzehr nicht geeignet.

https://www.atsdr.cdc.gov/hac/pha/DimockGroundwaterSite/Dimock_

Groundwater_Site_HC_05-24-2016_508.pdf

Der sechste Fall:

http://www.ecowatch.com/fracking-explosion-texas-2309352363.html?utm_source=EcoWatch+List&utm_campaign=2952212dbb-MailChimp+Email+Blast&utm_medium=email&utm_term=0_49c7d43dc9-2952212dbb-85321873    Bericht EcoWatch vom 10.03.2017:

Im August 2014 kam es im Brunnenhaus der Familie Murray auf ihrer Farm im Palo Pinto County in Texas zu einer Methan-Explosion, bei der vier Mitglieder der Familie schwer verletzt wurden. Cody Murray, ein ehemaliger Arbeiter in den Ölfeldern, verklagte die Betreiber einer in der Nähe gelegenen Fracking Förderbohrung für Erdgas, EOG Resources und Fairway Resources auf Schadenersatz. Die Aufsichtsbehörden haben bis jetzt noch immer nicht geklärt, woher die Explosionsursache stammt, aber ein Experten-Team, dass von Murray’s Anwälten hinzugerufen worden war, hat am 06.03.2017 eine Bewertung zu diesem Fall abgegeben: das Methan im Brunnenwasser der Murrays ist Fördermethan aus großer Tiefe. Es ist zusammen mit Chemikalien der  Bohremulsion aus der mangelhaft abgedichteten Gasförderbohrung von Fairway entwichen und hat sich über Risse im Untergrund bis zum 700 m entfernten Brunnen der Murrays ausgebreitet und könnte so ins Brunnenwasser geraten sein. Der abschließende Bericht der Experten steht noch aus.

Die Texas Sunset Advisory Commission, die als staatliche Behörde die anderen im Lande überwacht, hat schon mehrfach die mangelnde Effizienz der Texas Railroad Commission bei der Überwachung und Regulierung der Öl- und Gasförderung in Texas kritisiert. Jetzt hat sie zum dritten Mal seit 2010 massive Kritik geübt: „keine genaue Erfassung großer Vergehen der Förderer, keine genaue Erfassung von Vergehen gegen gesetzliche Vorgaben (für die Öl- und Gasförderung), die Förderer haben die begründete Erwartung, dass sie nicht für Vergehen bestraft werden“.

Ein weiterer Hinweis auf die große Zahl an Schädigungsmöglichkeiten durch undichte Förderbohrungen ergibt sich aus der Untersuchung der Duke University unter Leitung von Laurel Patterson, die in den vier Förderstaaten North Dakota, Pennsylvania, Colorado und New Mexico Störfälle mit Austritten untersucht hat.

Im Zeitraum von 2005 bis 2014 gab es durchschnittlich 55 Austritte je 1.000 Bohrungen pro Jahr, also im Schnitt an jeder 20. Bohrung/Jahr. 50 % aller Austritte ereigneten sich dabei in den ersten 3 Lebensjahren der Bohrungen.

Insgesamt wurden in den vier Förderstaaten 6.448 Austritte festgestellt. Studie veröffentlicht am 21.02.2017 www.ecowatch.com/fracking-spills-duke-study-2276074733.html

Die Gasindustrie hierzulande besitzt diese Erkenntnisse, verbreitet aber dennoch unverfroren weiter ihre Propaganda gegen „GASLAND“ mit dem Tenor:  „es gibt keine Trinkwasserverunreinigungen durch Produktionsgas bei der Fracking-Förderung, wenn so etwas passiert, dann kann das nur durch oberflächennahe biogene Zersetzungsprozesse kommen, bei denen Methan freigesetzt wird.

Eine neue Untersuchung des Guelph Institutes für Grundwasserforschung der University of British Columbia, Kanada vom 27.03.2017 befasst sich mit der Ausbreitung von Methan in sandigen Grundwasserleitern. In den Untergrund eingeleitetes Methan wurde bei seiner Ausbreitung über 8 Monate lang durch Kontrollbohrungen in Fließrichtung des Grundwassers beobachtet. Schon die vergleichsweise kleine Menge von täglich 1 m3 Methan, das über 72 Tage eingepresst wurde, brachte überraschende Ergebnisse in Bezug auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit und Strecke und in Bezug auf die beobachteten Interaktionen des Methans mit dem Grundwasser und Bakterien.

(http://www.nature.com/ngeo/journal/v10/n4/full/ngeo2919.html)

publiziert in Nature Geoscience

Die Wissenschaftler gaben dazu eine Bewertung ab: „in gefracktem Sedimentgestein, wie es im nördlichen British Columbia und in Alberta gefunden wurde, dürfte die Ausbreitung von Methan noch weiter und noch schneller erfolgen als in dem untersuchten sandigen Grundwasserleiter“.

Bisher haben die Aufsichtsbehörden in Kanada, wie auch die Förderunternehmen, stets die Bedeutung dieses Problems heruntergespielt, trotz der Tatsache, dass durch Förderbohrungen schwere Methanleckagen in Grundwasserleiter erfolgt sind.

Die Studienergebnisse gipfeln in der Aussage, dass bei Methan-Leckagen in Grundwasserleiter die Beeinträchtigung des Wassers über ein großes Gebiet möglich ist und dass die Wirkung gleichwertig, wenn nicht sogar bedeutender ist, als die der Freisetzung an die Atmosphäre. Hinzu kommt die Gefahr von Explosionen in geschlossenen Räumen wie in Brunnenhäusern und Hauskellern.

Mythos 12

„Der Schutz des Grundwassers hat oberste Priorität für die Förderer in Deutschland!“

Kaum eine Behauptung der Förderbranche für Kohlenwasserstoffe wird in letzter Zeit mit so viel Nachdruck verbreitet. In fast jeder ihrer Schriften taucht die Besorgnis um unser Grundwasser auf.

All diese Äußerungen sind vom Gehalt her Propaganda, bestenfalls als allgemeine Absichtserklärungen zu verstehen. Denn in unserem dicht besiedelten Land mit seinem bereits hohen Nutzungsgrad der Grundwasservorräte ist es höchst fragwürdig, wenn für zweifelhafte Bodenaufbruchverfahren zur Förderung von Fracking-Öl und Fracking-Gas große Mengen verbraucht werden.

Dieses, mit giftigen Schadstoffen kontaminierte Wasser verbleibt zu einem großen Teil in den gefrackten Bodenschichten und ist dem menschlichen wie dem tierischen Gebrauch dauerhaft entzogen. Auch für die Agrarbewässerung ist es nicht mehr zu gebrauchen, weil die Schadstoffe dann über die Nahrungskette den Menschen erreichen würden.

Hinzu kommt die Gefährdung des Grundwassers durch die Entsorgung flüssiger Abfälle im tiefen Untergrund (siehe unter „Mythos 10“)

Unser gutes Grundwasser, in ausreichender Menge, muss tatsächlich Vorrang vor kurzfristigen Verdienstmöglichkeiten mit gefracktem Öl und Gas haben.

Wie wenig diese, in ihrem Wesen eher hemdsärmelige, Industrie Rücksicht auf die Bewahrung unserer Ressourcen nimmt, lässt sich daraus schließen, dass sie Förderbohrungen mitten in bekannten Trinkwasserreservoiren niedergebracht hat und diese zum Teil später sogar zu Verpressbohrungen umgenutzt hat und zum Teil weiter nutzt. (Beispiel: Rotenburger Rinne und darin das Trinkwassergewinnungswerk „Panscheberg“. Mitten durch den Trinkwasser-Gewinnungs-bereich führt eine Verpressbohrung in die Tiefe, in welche bis heute hoch giftige Abfallflüssigkeiten aus der Kohlenwasserstoff-Förderung „verpresst“ werden können. Zur Zeit ist das Verpressen dort unterbrochen).

Ein solches Vorgehen müsste sich eigentlich von selbst verbieten, denn die Industrie weiß aus langer Erfahrung dass ihre Bohrungen und deren abdichtende Ummantelungen nicht dauerhaft dicht bleiben. Sie sind teils von Anfang an nicht einwandfrei ausgeführt und mit der Nutzung und Alterung unter korrosiven Bedingungen steigt der Anteil undichter Bohrungen von Jahr zu Jahr an bis auf fast 50% aller Bohrungen.

Auf Erfahrungen in den USA mit Brunnen- und Grundwasserbeschädigungen befragt, hat die Gasindustrie in den USA, und auch bis in die jüngste Zeit hinein in Deutschland, (PANORAMA-Sendungen September/Oktober 2014) behauptet, es sei ihnen kein einziger Fall bekannt, wo durch Fracking-Förderung Grundwasser- oder Brunnenbeeinträchtigungen aufgetreten seien, obwohl mehrere hundert solcher Fälle von den Behörden der einzelnen Bundesstaaten der USA bestätigt wurden. Allein in Pennsylvania waren es 243 Brunnen, die offiziell von der Überwachungsbehörde zugegeben wurden.

(Report Fracking contaminated 243 drinking water wells in PA_wivb.com.htm)

Neuere Untersuchungen zu Trinkwasserschädigungen durch ein Team des „Public Herald“, wegen der offensichtlichen Diskrepanz der Aussagen des DEP zu den vielen Beschwerden Betroffener wurden Ende 2016 durchgeführt und am 23.01.2017 die Ergebnisse vorgestellt. Anhand der Unterlagen der Überwachungsbehörde Department of Environment Protection (DEP) des Bundesstaates Pennsylvania über den Zeitraum von 2004 bis 11/2016 ergaben sich völlig andere Zahlen zu Trinkwasserbeschädigungen durch Fracking-Aktivitäten in Pennsylvania.

Hidden Data Suggests Fracking Created Widespread, Systemic Impact in Pennsylvania

Im untersuchten Zeitraum wurden in PA insgesamt 10.027 gefrackte Bohrungen erstellt. Es gingen dazu 9.442 Beschwerden von Anwohnern beim DEP ein, die man zum allergrößten Teil ignorierte oder anders zuordnete, so dass der Umfang „freundlicher“ aussah.

Tatsächlich wurden 4.108 der Beschwerden unter „Trinkwasserbeschädigung“ registriert, die anderen 5.334 Beschwerden wurden vom DEP den Begriffen „Gasmigration“, „Leckage-Folge“, „Verschmutzung“ und „undichte Bohrung“ zugeordnet. Nach Einschätzung der Prüfer, die die Unterlagen des DEP jetzt durcharbeiteten, dürfte bei einem großen Teil dieser Fälle ebenfalls das Brunnenwasser der Anwohner beschädigt worden sein. Tatsächlich dürfte in PA also jede zweite gefrackte Bohrung zur Beschädigung von Trinkwasser geführt haben. Das wären dann, statt der vom DEP gemeldeten 243 Trinkwasserbeschädigungen ca. 4.700 Schäden –allein in PA.

Hier ist noch anzumerken, dass in Fällen auf privaten Grundstücken, wo die Grundeigentümer Geheimhaltungsverträge unterschrieben haben, natürlich keine Meldung über Trinkwasserbeschädigung erfolgt sein dürfte, weil das ja dann ein Bruch der Geheimhaltung wäre. Eine erhebliche Dunkelziffer dürfte daher in den Zahlen nicht erfasst sein.

Wenn man diese Zahlen über die USA-weit-niedergebrachten gefrackten Bohrungen hochrechnet (verwendet wurden die Angaben der Organisation

FracTracker.org , aktualisiert mit Stand 08/2015

https://www.fractracker.org/2015/08/1-7-million-wells/

und die 23 größten Fracking-Förderstaaten der USA heranzieht, ergeben sich insgesamt 1,498 Mio Bohrungen. Konservativ hochgerechnet, im Vergleich zu den Zahlen von PA ergeben sich USA-weit mindestens 40.000 Trinkwasser-beschädigungen. Trinkwasserbeschädigungen durch Fracking dürften also in Wirklichkeit ein Massenproblem in den USA sein!

Eine weitere Untersuchung der Duke University, North Carolina, USA, veröffentlicht am 21.02.2017 in Environmental Science & Technology

http://pubs.acs.org/doi/full/10.1021/acs.est.6b05749

http://www.scinexx.de/neswletter-wissen-aktuell-21184-2017-02-22.html

betraf die gemeldeten Austritte an Förderbohrungen in nur 4 Bundesstaaten Colorado, New Mexico, North Dakota und PA in 10 Jahren von 2005 bis 2014.

6.648 allein durch Fracking-Förderung verursachte Austritte wurden ermittelt.

An 16% aller gefrackten Öl- und Gasbohrungen traten Kohlenwasserstoffe, Fracking-Fluids und chemisch verändertes Wasser aus.

Diese hohe ermittelte Störfallrate belegt deutlich, dass die angeblich geringen, zu vernachlässigenden Wasserbeschädigungen eher der Propaganda denn der Wirklichkeit zuzuordnen sind.

In „PANORAMA –die Reporter“ war auch über die „angeblichen Brunnenbeschädigungen“ in Dimock, PA, berichtet worden und im November 2015 erneut der Eindruck erweckt worden, als habe es in Dimock die massiven Brunnenbeschädigungen durch Cabot Oil & Gas und deren Fracking-Gasförderung gar nicht gegeben. Mit dem Urteil eines Gerichtes in Scranton gegen Cabot Oil, zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 4,25 Mio USD an 2 Klägerfamilien aus Dimock, wurde nachträglich bestätigt, dass es 2008 in Dimock eine massive Brunnenschädigung gegeben hatte, von der mindestens 40 Häuser betroffen gewesen waren.

An den Kommentaren der WEG vom 22.01.2015  als Interessenverband der in Deutschland tätigen Förderunternehmen für Kohlenwasserstoffe, zu den Gesetzentwürfen der Bundesregierung zur Erlaubnis der Frackingförderung unter bestimmten Bedingungen, ist abzulesen, was man vom Schutz unseres Grundwassers hält: es wird gefordert, dass für die bestehenden Bohrungen keine Änderungen erfolgen dürfen. Sie sollen vielmehr ohne weitere Auflagen weiter betrieben werden dürfen.

Damit werden die Sünden der Vergangenheit auch in der Zukunft fortgeführt – mit der in vielen Fällen großen Gefährdung vorhandener Trinkwasser-Aquifere.

(https://erdoel-erdgas.de/Der-Weg/News/Stellungnahme-zum-Regelungspaket-Fracking)

Die Förderunternehmen tun genau nur so viel zum Schutz unseres Grundwassers, wie sie es tun müssen und auch das vorrangig dort, wo wir es sehen können. Und in der Vergangenheit haben die beaufsichtigenden Bergbehörden die einfachen, nicht zum Grundwasser hin abgedichteten Bohrschlammgruben auch als „zulässig“ genehmigt.

Die zur Zeit laufenden umfangreichen Arbeiten zur Beseitigung giftiger Bohrschlamm- und Ölschlammdeponien im Emsland und an anderen Stellen in Niedersachsen, die einst als billige Kippen angelegt wurden und viele 10.000 to kontaminierten Materials enthalten, lassen deutlich werden, welche großen Umweltsünden bei der Öl- und Gasförderung in Deutschland in der Vergangenheit begangen wurden, anstatt solche Abfälle von Anfang an auf speziellen Sonderdeponien zu entsorgen. Die Förderfirma GdF Suez allein muss aus dem ehemaligen Förderfeld Rühlermoor 46.000 m³ Material und aus einer weiteren Grube 35.000 m³ herausholen und geordnet deponieren.

(OZ Zehntausende Tonnen Ölschlamm Altlasten der Ölförderung im Emsland werden geräumt.htm   aus: Osnabrücker Zeitung vom 04.11. 2014 )

Heute muss für viel Geld repariert werden, was damals an der Umwelt verbrochen wurde.

Aus Niedersachsen allein sind bis jetzt über 720.000 to Bohrschlamm-Aushub als Sondermüll entsorgt worden.

Weitere 40 solcher Gruben stehen zur Entsorgung an mit geschätzten ca. 2 Mio to Bohrschlammaushub.

In Niedersachsen wurden nach neusten Recherchen von NDS und WDR noch ca. 590  weitere Verdachtsflächen für Bohrschlamm-gruben untersucht und dabei 548 bestätigt. Vorsichtig geschätzt können aus diesen Bohrschlamm-deponien weitere ca. 3 Mio to Aushub zu entsorgen sein. Die Landesregierung will die kleinen Deponien jedoch nicht entsorgen.

In ganz Deutschland haben die Sender ca.1.400 Bohrschlammgruben ermittelt oder Hinweise bekommen. Das bedeutet ca. 11 Mio to Sondermüll insgesamt, der aufwändig, mit viel Geld, zu entsorgen ist, wenn diese Bohrschlammgruben ordnungsgemäß saniert werden.

Noch ist gar nicht hinreichend analysiert, wie stark im Bereich dieser Gruben das Grundwasser verunreinigt wurde, denn die Abfälle lagern teils schon mehrere Jahrzehnte dort.

Im Heidekreis wurden 32 Bohrschlammgruben in einer Auflistung des LBEG geführt, (Boehme-Zeitung, Ausgabe vom Dienstag, dem 11.11.2014 – der Landkreissprecher Andreas Pütz wird zitiert) von denen die Bohrschlammgrube Hamwiede schon von ExxonMobil rekultiviert wurde. Da ist also noch die Beseitigung weiterer erheblicher Altlasten zu erwarten.

Übrigens, einige dieser Gruben wurden mit Genehmigung der Bergaufsicht bis in jüngere Zeit noch als Schlammgruben genutzt.

Auch beidseits der Bundesstraße 214 bei Rodewald und Wendenborstel, östlich von Nienburg/Weser, wo ein älteres Ölförderfeld liegt, gibt es derartige „Hinterlassenschaften“, die von ExxonMobil teilweise entsorgt wurden.

Die neuen Pläne der Förderindustrie, in Niedersachsen flächendeckend mittels 43.000 neuer Bohrungen zu fracken, würden zu einem weiteren riesigen Berg Sondermüll führen. Ca. 33 Mio to Bohrschlamm würden dabei erzeugt werden und ebenfalls als „Sondermüll“ zu entsorgen sein.

Da Niedersachsen nicht über geeignete Sondermülldeponien der für Ölhaltige Bohrschlämme erforderlichen Gefahrenklasse DK III verfügt, ist in den nächsten Jahren weiter mit dem „Export“ solcher Sonderabfälle nach NRW und in andere Bundesländer zu rechnen.

Inzwischen verkündet die Bohrindustrie, dass sie das anfallende „Bohrklein“ genauer kontrollieren und separieren kann, so dass der restliche Bohrschlamm mit gefährlichen Beimengungen nur noch eine kleine Menge ist, die gleich direkt an einen Spezialentsorger übergeben wird. Neue Bohrschlammgruben soll es demzufolge gar nicht mehr geben.

Das Landesbergamt erläutert dazu, dass bei neuen Bohrvorhaben Schlammgruben auch nicht mehr genehmigt werden. Es werden sofort Spezialentsorger mit der ordnungsgemäßen Ablagerung des Aushub-Materials beauftragt, immer abhängig von der Beschaffenheit der jeweiligen zu deponierenden Fraktion des Aushubes.

Mythos 13

„Konventionelles Fracking“ ist gut beherrschbar und zur Förderung von Erdgas aus tiefen Sandsteinen liegen in NDS Erfahrungen aus mehr als 300 durchgeführten Fracs ohne Störungen vor.

(Min.Präsident Weil, NDS, am 07.05.2015  1-Lesung zu Fracking-Gesetzentwürfen im Bundestag)

Es handelt sich hierbei um eine weitere Propaganda-Behauptung, um argumentativ die bisherige Erdgasförderung in NDS vor zusätzlichen Lasten zu schützen.

Die Begriffe „konventionelles“ und „unkonventionelles“ Fracking sind von den Förderunternehmen in Niedersachsen und den an der ungeschmälerten Fortsetzung der bisherigen Förderung in Niedersachsen interessierten Politikern Anfang 2013 erstmals ins Gespräch gebracht worden.

Durch den Kunstgriff der Umbenennung der Erdgasvorkommen im tiefen Sandstein in Tiefen ab etwa 3.500 m, die meist der Sache nach “unkonventionell“ sind (Förderung nicht ohne besondere Maßnahmen möglich), in „konventionelle“, weil die Förderindustrie ihre Ausbeutung unter Zuhilfenahme von Fracking ( als Vertikal-Stimulierverfahren ) schon seit Jahrzehnten betreibe, also viel Erfahrung besitze, will man die bisherige Förderung aus den verschärften gesetzlichen Regelungen für die Anwendung der Fracking-Techniken in Deutschland heraushalten und praktisch unverändert so weiter verfahren wie bisher.

Mit Absicht und in irreführender Weise wurde diese Darstellung zweier angeblich unterschiedlicher Fracking-Techniken auch in die Gesetze, zur Erlaubnis von Fracking – unter bestimmten Bedingungen – in Deutschland, eingeführt.

Richtig ist, selbst nach den Darstellungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), dass alle Kohlenwasserstoff-Vorkommen als „unkonventionell“ zu bezeichnen sind, die nicht ohne besonder Maßnahmen zur Förderung gebracht werden können.

Die Technik des „Hydraulic Fracturing“ oder „Fracking“ wird angewendet, um solche „unkonventionellen“ Vorkommen dennoch fördern zu können. Dazu wird unter hohem hydraulischem Druck in die Lagerstätte ein Gemisch aus Wasser, Chemikalien und Feinsand gepresst, das eine ausgedehnte Rißbildung im Gestein der Lagerstätte bewirkt. Der mitgeführte Sand setzt sich in die Risse und hält sie auch nach dem Druckabbau offen. Durch die so gebildeten Fließwege können die Kohlenwasserstoffe anschließend zur Bohrung und weiter nach oben gelangen.

Fracking kann weder „unkonventionell“ noch „konventionell“ sein. Nur die Art der Lagerstätte kann so beschrieben werden.

Bei den Gasvorkommen in tiefen Sandsteinschichten sind grundsätzlich, je nach der Struktur des Sandsteines in der Lagerstätte, drei unterschiedliche Vorkommensarten möglich (siehe Beschreibung unter Mythos 4).

Und nun zu den „Erfahrungen in NDS aus mehr als 300 Fracs“:

Nachdem erstmals 2012 von den Unternehmen der Gasindustrie auf die langjährige Erfahrung mit der Anwendung von Frac-Techniken in Deutschland, und da besonders in Niedersachsen, hingewiesen worden war, wurde von verschiedenen Seiten, auch vom Umweltministerium des Landes NRW, bei der niedersächsischen Landesregierung um Auskünfte und Berichte über die erfolgten Frac-Maßnahmen gebeten.

Es waren, auch nach Monaten, keine derartigen Berichte aufzufinden. Auf wiederholtes Nachfragen hatte dann die Landesregierung erklärt, da ihr keine Berichte zu den Frac-Maßnahmen vorlägen, auch keine Berichte über Schäden oder ungewöhnliche Vorkommnisse bei Frac-Maßnahmen, sei davon auszugehen, dass es keine gegeben habe.

Fazit: bis heute ist nicht belegt, und kann daher auch nicht behauptet werden, dass die in der Vergangenheit durchgeführten „Fracs“ alle störungsfrei und planmäßig verliefen.

Es sind 143 Bohrungen bekannt, an denen „Fracs“ durchgeführt wurden, teils mehrere hinter einander, teils nach Jahren wiederholt. Bohrungen mit abgelenkten Horizontalausdehnungen in die Lagerstätte sind nur einige wenige dabei, 5 oder 6 Stück, die eher als „Versuche“ zu werten sind.  Im Förderfeld „Söhlingen“ wurden belegt 5 derartige Förderbohrungen niedergebracht, abgelenkt und mit Mehrfach-Fracs beaufschlagt, erstmals 1994.

Bohrung Nr.        Jahr       Anzahl Fracs

Z 10               1994              4

Z 13               1999              5

Z 14               2000              8

Z 15               2003              5

Z 16               2008              9

 

Wenn in einem Zeitraum von 14 Jahren 5 solcher Bohrungen niedergebracht und gefrackt worden sind, kann man schlechterdings nicht behaupten, dass derartige Aktivitäten inzwischen „Routine“ seien.

Produktionspraxis liegt in D nur mit dem „Stimulieren“ senkrechter Bohrungen im Bereich der Lagerstätte bei Tight Sand-Gasvorkommen vor.

Ein Grundwassermonitoring an den Förder- und Verpressstellen und in Abständen darum herum wurde bis heute nicht systematisch durchgeführt, so dass Veränderungen – im Vergleich zum Ausgangszustand der Grundwasserbeschaffenheit – gar nicht bewertet werden können, von ein paar Einzelfällen einmal abgesehen.

Mythos 14

„Die USA haben ja die CO2-Emissionen durch den Einsatz von Fracking-Gas erheblich reduziert, man erkennt den großen Nutzen“.

http://www.carbonbrief.org/blog/2015/07/recession-rather-than-shale-gas-caused-us-carbon-cuts-study  v.21.07.2015

http://www.sciencedaily.com/releases/2015/07/150721124716.htm    v.21.07.2015

http://www.smithsonianmag.com/science-nature/recession-not-fracking-drove-a-drop-..  v. 21.07.2015…

www.nature.com/naturecommunications    DOI: 10.1038/ncomms8714  v.21.07.2015

Zwischen 2007 und 2013 gab es einen Rückgang der CO2-Emissionen in den USA, der lange in der Fachpresse als das Ergebnis des Austausches älterer Kohlekraftwerke der USA gegen moderne Gasturbinenkraftwerke gefeiert wurde, die mit Fracking-Gas aus „heimischer“ U.S.-Produktion betrieben werden.

Und auch die Vertreter der Interessen der Förderunternehmen in Deutschland, die mit Fracking-Erdgas fördern wollen, wurden nicht müde, auf diesen großen Vorteil hinzuweisen, durch den die USA zwischen 2007 und 2013 angeblich eine Einsparung an CO2-Emissionen von 11% bewirkten.

Neuere Untersuchungen der Gründe für die Rückgänge des CO2-Ausstoßes belegen aber, dass er weit überwiegend durch die große Rezession nach dem Platzen der „Häuserblase“ Mitte 2007 verursacht wurde. Die Arbeitslosigkeit stieg für die nächsten 2 Jahre um mehr als das Doppelte an, die Einkommen bröckelten, die Armutsrate stieg. Zwischen 2007 und 2009 fielen die CO2-Emissionen um 9,9%. Mehr als die Hälfte des CO2-Rückganges wurde durch den drastischen Rückgang des Verbrauches aller Arten von Konsumgütern und Leistungen in der Rezession verursacht. Fast ein weiteres Drittel konnte auf die Veränderung der Produktionsstruktur zurückgeführt werden.

Nur 17% des CO2-Rückganges konnte der Veränderung der Brennstoffanteile zur Stromerzeugung zugeordnet werden. Der Shale Gas Boom in den USA begann erst ab 2009, stellten die Forscher fest. Schon davor war die Stromerzeugung mit Kohlekraftwerken zurückgegangen.

Mit der Wiederbelebung der U.S.-Wirtschaft nach 2009, mit dem Wiederanstieg des Konsums und des Verbrauches an Energie, fielen die CO2-Ausstoßwerte nur noch um durchschnittlich 0,2% pro Jahr. Zu diesem Zeitpunkt begann der Boom in Shale Gas eine Wirkung auf die CO2-Emissionen zu entwickeln.

Aber selbst dann war sein Einfluss nicht der größte Faktor für den Rückgang. Veränderungen in der Produktion von 2009 bis 2011 und danach der milde Winter in 2012 und die hohen Verbraucher-Gaspreise in den USA von 2011 bis 2013 führten zu einem insgesamt geringeren Energieverbrauch der Amerikaner.

Neuere Untersuchungen über den Methangehalt in der Luft über den USA weisen darauf hin, dass sehr große Mengen Methan unverbrannt ausgetreten sind. Und diese Austritte dürften erst seit etwa 2005 erfolgt sein, mit dem Ausbau der Fracking-Gasförderung. Und dieses Methan hat eine Schädigungswirkung, die mindestens 86 mal so groß ist, wie die des CO2, bezogen auf einen 20-Jahreszeitraum nach der Freisetzung.

In CO2-Äquivalenten gemessen, haben die Emissionen nicht abgenommen, sondern sogar zugenommen.

Die Methan-Emissionen waren von der US-Umweltbehörde mit einer Abnahme von ca. 10% in den letzten10 Jahren angegeben worden. Die Nachmessungen ergaben aber, dass diese Methan-Emissionen um ca. 30% zugenommen haben.

(http://acmg.seas.harvard.edu/publications/2016/Turner_GRL_2016_Methane.pdf

Achtung Achtung, neueste Erkenntnisse aus den USA:  Juni 2016

die EPA Methan-Gehaltsermittlungen in der Luft von 2013 und 2014 wurden gezielt gefälscht und viel zu niedrig angegeben. Der EPA-Studienleiter, Prof. Dr. David T. Allen erhielt massive Geldzuwendungen von der Gasförderindustrie der USA.

Durch einen Whistleblower wurde 2016 bekannt, dass Prof. Allen schon im Verlauf der Messungen des Jahres 2012/2013 darüber belegbar informiert worden war, dass die verwendeten Messgeräte zur Methan-Gehaltserfassung in der Luft große Fehler enthalten und dass ihre Messwerte meist um ein Vielfaches zu niedrig sind, gegenüber den tatsächlichen Ist-Werten. Dennoch wurde nichts geändert, noch wurde im Abschlussbericht auf diese Messungenauigkeiten hingewiesen. Methan-Mittelwert der Emission demnach für 2013  0,42% während andere Messungen weit über 5% ergeben hatten.

NC WARN  aus Durham, North Carolina hat im Juli 2016 Beschwerde gegen Prof. Allen bei der EPA eingereicht (08.07.2016).

http://www.sustainablegasinstitute.org/sgis-first-annual-lecture

www.ncwarn.org

Neueste Untersuchungen von Prof. Robert Howarth von der Cornell University ergeben für die USA Emissionsanteile von der Gesamtförderung, im Zyklus von der Erbohrung bis zum Endverbraucher, für konventionelle Vorkommen  fast 4% vom Gesamtfördervolumen/Jahr für Fracking-Gasförderung    ca.12% vom Gesamtfördervolumen/Jahr

Titel der Studie: „Methane emissions and climatic warming risk from hydraulic

fracturing and shale gas development: implications for policy”, veröffentlicht am 08.10.2016 https://dx.doi.org/10.2147/EECT.S61539

Somit bestätigt sich, dass die Verbrennung von Methan in jedem Fall klimaschädlicher ist als die von Steinkohle. Das Erdgas aus der Fracking-Förderung ist demnach dreifach schädlicher als Erdgas aus konventioneller Förderung und damit als ein besonders wirksamer Klimakiller bestätigt !!

Der Klimawandel wird so beschleunigt, weil die Aufheizung der Atmosphäre verstärkt wird.

(siehe erläuternde Skizze)

Skizze mit Vergleich der EPA-Methan-Emissionswertangaben zu anderen Messungen von 2011 bis 2014: EPA-Wert 2013: 0,42% (roter Balken)

Dicker horizontaler roter Pfeil weist auf den winzigen „Allen-Wert“ hin.

Skizzengrundlage entnommen aus der NC WARN-Beschwerdeschrift an die EPA vom 08.07.16, wegen gefälschter Methanwerte aus der Studie von Prof. Allen und 15.11.16 ergänzt um die roten Linien der durchschnittlichen Emissionswerte für die Gasförderarten konventionell und Frackingförderung in % von der Jahresförderleistung  aus der Studie von Prof. Robert Howarth vom Oktober 2016  V. Fritz

Eintragung der roten gestrichelten vertikalen Grenzlinie bei 3,2% Methan, wenn diese überschritten ist, wandelt sich der Methan-Verbrennungsvorteil, wegen der höheren Schädigungswirkung des Methans gegenüber CO2, in eine größere Schädigung der Atmosphäre um, als würde die Steinkohleverstromung wie vorher fortgesetzt worden sein.

Ergänzung 10.04.2017 nach Bericht der Purdue University, Indiana, USA über die Untersuchung von Methan-Emissionen an Gaskraftwerken und Raffinerien, veröffentlicht in „Environmental Science & Technology“ 2017, Nr.51, Seiten 3373 – 3381, Datum 21.02.2017  DOI: 10.1021/acs.est.6b05531

Die Grenzlinie, ab wann Methan-Emissionsanteile den Vorteil von Erdgas gegenüber der Steinkohleverfeuerung aufheben, wird jetzt auf unter 3% der Gesamtemissionen der Methan-Förderung – bis zur- Verbrennung bewertet.

Bisher wurden dafür 3,2% ermittelt.

Die modernen Gaskraftwerke mit Abwärmekesselnutzung und Dampfturbinen haben deutlich höhere Methan-Emissionen, als man bisher angenommen hat.

Neben der Verbrennung von Methan im gewünschten Prozess gibt es erhebliche Methanemissionen in den Gaskraftwerken und auch in den Öl –Raffinerien , wo in den USA zunehmend der preiswerte Energieträger Erdgas eingesetzt wird, um die Prozessenergien zu erzeugen, statt Öl.

Dadurch verschlechtert sich die Schädigungsbilanz bei Erdgasverbrennung noch weiter zu Ungunsten des Erdgases, da die tatsächlichen Methanemissionen in der Gesamtbetrachtung des Erdgaszyklusses höher sind, als bisher angenommen wurde.

Die Studie zeigt auf, dass die Methan-Emissionen aus den Gaskraftwerken und den Raffinerien in den USA einen bedeutenden Beitrag zu den jährlichen Emissionen an Methan der USA leisten. Diese unerwartet hohen Methan-Emissionen stammen überwiegend nicht aus dem Verbrennungsprozess.

Mit anderen Worten: die Verfeuerung von Erdgas, egal auf welche Weise produziert, schadet der Atmosphäre ganz besonders, noch gipfelnd bei gefracktem Erdgas oder gar gefracktem LNG-Erdgas.

Und natürlich: wenn Erdgas durch Tiefkühlung verflüssigt wird, wird ebenfalls jede Menge CO2 freigesetzt, das aus der Energieerzeugung zum Betrieb der riesigen Kälteanlagen stammt. Und wenn dann das erzeugte flüssige Tiefkühlgas LNG in Tankschiffen ausgeliefert wird, entstehen auch wieder weitere Emissionsverluste durch Erwärmung und Verdampfung.

Prof. Howarth empfiehlt den schnellsten Ausstieg aus der Erdgasverbrennung, um für unser Klima noch Entscheidendes leisten zu können. Er geht sogar, wegen der schnell erreichbaren Dämpfungswirkung bei Verringerung des Methananteiles in der Atmosphäre, davon aus, dass die schnelle Reduzierung des Methans die einzige aussichtsreiche Maßnahme ist, die Klimaerwärmung so abzubremsen, dass genügend Zeit für die Erarbeitung weiterer Lösungen gewonnen werden kann.

Mythos 15

„Durch die Fracking-Förderung werden keine Erdbeben verursacht“.

https://thetyee.ca/News/2017/04/18/Mega-Fracking-Quake/  v. Andy Nikiforuk

Mega-Fracking in BC Linked to Earthquakes, Study finds.            18.04.2017

https://www.researchgate.net/publication/308415872           v. Sept. 2016

Evaluating the Connection between Fracking and Earthquakes in Oklahoma,  Temple University

doi:10.1785/0220150263  Seismological Research Letters, Vol. 87, Number 3 June 2016

Hydraulic Fracturing and Seismicity in the Western Canada Sedimentary Basin

https://pubs.usgs.gov/of/2015/1070/                                         EcoWatch 25.04.2015

New Report from U.S. Geological Survey

8 States Dealing with Huge Increases in Fracking Earthquakes, primary caused by

Injection of waste water.

DOI:10.1126/science.1225942          Earth Quake Science Center, U.S. Geological

Survey, Menlo Park, CA, USA  Injection-Induced Earthquakes         12.07.2013

In Deutschland wurde jahrelang, insbesondere ab 2010, von der Erdgas- und Erdöl-Förderindustrie bestritten, dass die Fracking-Förderung von Kohlenwasserstoffen Erdbeben verursache.

Und nachdem diese Behauptung durch bewiesene Ereignisse nicht mehr glaubhaft vertreten werden konnte, verstieg man sich dann auf die Formulierung, dass, wenn, nur ganz minimale Erschütterungen zu erwarten wären, die der Normalbürger überhaupt nicht wahrnehme. Und Schäden, gleich welcher Art, seien daher aus der Fracking-Förderung durch Erdbebenwirkungen nicht zu erwarten.

Auch als erste ausführlichere Nachrichten über verstärkte und gehäufte Erdbeben in Fracking-Schwerpunktgebieten der USA und in Kanada nach Europa drangen, blieben die Förderkonzerne weiter bei ihren Verneinungen hinsichtlich möglicher Zusammenhänge von Erdbebden und der Fracking-Förderung vom Kohlenwasserstoffen.

Um diese Position zu untermauern, wurden einzelne Prozeßschritte, die bei der Fracking-Förderung von Kohlenwasserstoffen durchgeführt werden, je einzeln betrachtet, um so den uninformierten Bürgern den Eindruck zu vermitteln, es sei nichts Gefährliches zu erwarten.

Die Realität hat jedoch inzwischen die Förderunternehmen eingeholt und überrollt.

Wir müssen leider mit Berechtigung feststellen:

Die Förderung von Kohlenwasserstoffen kann Erdbeben auslösen, schon wenn konventionell gefördert wird und große Volumina aus dem Untergrund entnommen werden (Setzungsbeben wie im Kohlebergbau).

Starke Setzungsbeben hat es im Fördergebiet Groningen in den Niederlanden gegeben, mit Hunderten beschädigter Häuser und mit zunehmender Energie bei Stärken über 4.5 Richter. Durch starke Reduzierung der jährlichen Fördermengen an Erdgas im Groninger Becken soll einer noch weiter steigenden Intensität und Häufigkeit entgegen gewirkt werden. Für das Jahr 2017 hat die niederländische Regierung eine noch weitere Reduzierung der Förderung um 11% gegenüber 2016 angeordnet.

Bei der Förderung aus unkonventionellen Vorkommen, unter Zuhilfenahme von Fracking, oder vergleichbaren Techniken, können Beben beim einpressen der Hochdruck-Frackingflüssigkeiten ausgelöst werden durch die auftretenden Veränderungen der Druckverhältnisse im Untergrund und durch die Veränderungen der Reibungswiderstände gegeneinander verspannter Schichten.

Werden die benötigten großen Flüssigkeitsmengen der Fracking-Arbeits- gänge und die später bei der Förderung mit den Kohlenwasserstoffen anfallenden großen Mengen an Lagerstättenwasser unterirdisch verpresst, in dem man sie mit Hochdruck in den Untergrund

pumpt, werden im Verpressungsbereich die Spannungsverhältnisse im Untergrund gravierend verändert und es kommt zu Ausgleichsbewegungen in Form von Beben. Dabei können auch im Untergrund latent vorhandene Spannungsfelder zur Entladung und damit zum Abbau der Spannungen gebracht werden und so erhebliche Bebenstärken erreicht werden.

In den norddeutschen Fördergebieten von Kohlenwasserstoffen gab es in der Vergangenheit überhaupt keine Erdbeben. Mit der zunehmenden Förderung und über die Zeit, gab es dort dann erste schwache Beben, dann allmählich deutlicher spürbare und heute bestätigt auch das LBEG den Zusammenhang von Erdbeben in Norddeutschland mit der Kohlenwasserstoff-Förderung. Beben um 3,0 Richter fallen öfter an, die Schäden halten sich dort bisher in Grenzen, sind aber spürbar.

In den USA und Kanada, wo schon länger mittels massiver Fracking-Förderung produziert wird, sind sowohl schwache Beben durch die Kräfte der Fracking-Beaufschlagungen, als auch durch massive Verpressungen von Abfallflüssigkeiten aus der Förderung in den tiefen Untergrund nachgewiesen. Im Bundesstaat Oklahoma der USA traten nach Beginn umfangreicher Verpressungen bald erste Erdbeben auf, die mit zunehmender Zeit immer stärker wurden und mittlerweile schon bis 5,8 Richter erreicht haben, mit Hunderten von Beben pro Jahr mit über 3,0 Richter. Im November 2014 erschütterte ein Beben der Stärke 4,8 Richter die Staaten Kansas, Oklahoma und Arkansas.

Es war eines einer Serie von 8 Beben innerhalb 24 h.

Das Zentrum lag im Sumner County.

In Ohio, wo viel Abfallflüssigkeiten aus Nachbarstaaten verpresst werden, gab es früher gar keine Erdbeben. Heute ist Ohio einer der Bundesstaaten der USA mit der größten Bebenhäufigkeit.

In Deutschland werden wir in der Zukunft in den Fördergebieten verstärktmit folgenden Bebenereignissen zu rechnen haben:

a.)Verpressung: durch den vermehrten Verpressungsbedarf werden auch die dadurch ausgelösten Beben in den Fördergebieten steigen – und zwar an Zahl und an Intensität, wenn wir in Deutschland, so wie es von den Förderkonzernen geplant ist, nach 2021 groß in die Fracking-Gasförderung in Norddeutschland einsteigen sollten. Das kann heute niemand mehr wegleugnen.

b.) Gelegentlich, während oder kurz nach Fracking-Aktivitäten, dort wo schon Spannungen im Boden vorliegen, wird es auch zu Beben kommen.

c.) „Setzungsbeben“ wird es längerfristig in Schwerpunkt-Förderregionengeben. Sie sind die Folge der umfangreichen Entnahme und damit Veränderung der Druckverhältnisse im tiefen Untergrund.

Die zur Abwicklung von Schäden eingerichtete Schlichtungsstelle ist keine adäquate Lösung, da sie zwischen den Parteien „vermittelt“. Der Geschädigte bleibt somit immer auf einem Teil des ihm zugefügten Schadens sitzen, obwohl er nicht der Verursacher ist. Die Beweislastumkehr wäre der Weg, den Geschädigten Recht zu verschaffen, mit der Entschädigung zum Neuwert.

Mythos 16-3   (ergänzt 06.06.2017)

„Die Kohlenwasserstoff-Förderung in Deutschland unterliegt höchsten Anforderungen. Sie verursacht keine gesundheitlichen Gefahren für die Anwohner von Förder- und Aufbereitungsplätzen“

Wohl kaum eine Propaganda-Behauptung der Förderindustrie für Kohlenwasserstoffe in Deutschland ist umstrittener als diese.

Tatsache ist es, dass bei der Förderung von Erdöl und Erdgas Inhaltsstoffe und Begleitstoffe aus dem tiefen Untergrund der Lagerstätte mit an die Oberfläche gebracht werden. Tatsache ist es auch, dass beim zusätzlichen Einsatz von „Stimulier“- und „Fracking“-Techniken weitere zum Einsatz kommende Inhaltsstoffe ein zum Teil erhebliches zusätzliches Risiko heraufbeschwören, wenn sie mit dem Fördergut mit nach oben gespült und freigesetzt werden. Tatsache ist es auch, dass schon die Bohrspülung, die beim Niederbringen der späteren Förderbohrung eingesetzt wird, Probleme verursachen kann und beim Durchbohren wasserführender Schichten diese kontaminieren kann.

Seit über 100 Jahren ist die internationale Förderindustrie der Kohlenwasserstoffe darin erfahren, die tatsächlichen großen Gefahren, die sie mit ihren Förderplätzen für Anwohner heraufbeschwört, zu verstecken und sich juristisch so abzusichern, dass Betroffenen ein Nachweis kaum möglich ist. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang nur auf die Verweigerungsmöglichkeit der Förderer in den USA, die genauen Zusammensetzungen der Fracking-Fluids „wegen Geschäftsgeheimnissen“ bekannt zu geben (Idee von ExxonMobil-Juristen).

Dadurch können evtl. Geschädigte nicht an Hand vergleichender Stoffanalysen gerichtsfest nachweisen, wer der Verursacher ihrer Schäden ist.

Und eine weitere, juristisch sehr wirksame, Waffe, um Schadenersatz-forderungen von Geschädigten nicht öffentlich werden zu lassen, ist das in den USA übliche Non-Disclosure-Agreement, dass die privaten Grundeigentümer unterzeichnen müssen, bevor die Bohrfirmen bei ihnen tätig werden. Mit dieser Geheimhaltungsvereinbarung, die mit hohen Geldstrafen für jede Zuwiderhandlung jedes Familienmitgliedes belegt ist, können die Förderer die Grundeigentümer vor Gericht ruinieren.

Gibt es dann Probleme, gleich welcher Art, können die Betroffenen diese nicht öffentlich machen, ohne gleichzeitig die gesamte Existenz der Familie zu riskieren.

Dann steht der kleine Landbesitzer gegen einen großen Konzern allein. Und wenn es dem Konzern zu lästig wird, wird eben im Einzelfall durch Geldzahlungen die Rücknahme der Klage im Wege der außergerichtlichen Einigung durchgesetzt, erneut begleitet durch eine Verschwiegenheitserklärung.

Danach hat es dann den Schaden des Betroffenen öffentlich „nie“ gegeben und der Verursacher kann öffentlich behaupten, ihm sei kein solcher Schaden bekannt.

In Deutschland legt sich die „Schützende Hand“ des Berggesetzes über die Förderunternehmen. Geschädigten wird es so ebenfalls schwer gemacht, Ansprüche gegen die Förderer durchzusetzen. Auch hier weigern sich die Bohrunternehmen, die genauen Zusammensetzungen ihrer Fracking-Fluids zu spezifizieren. Ihr Angaben dazu sind gezielt so allgemein gehalten, dass wiederum eine eindeutige juristische Zuordnung nicht möglich ist.

Und wie oft wurde in den letzten Jahren doch von den Förderern in Deutschland, bei entsprechenden Beschwerden und Vermutungen aus den Kreisen der Bevölkerung, mit offiziell größtem Erstaunen ein bestimmtes Ereignis wahrgenommen, das man in der gesamten Historie des Unternehmens noch nie erlebt habe. Kann das glaubhaft sein?

In Deutschland sind weltweit operierende Konzerne tätig, die obendrein unter einander in ihren jährlichen International Technical Meetings einen regen Erfahrungsaustausch betreiben. Nach Millionen erstellter Förderbohrungen für internationale Öl- und Erdgasförderung und  Hunderttausenden gefrackter Bohrungen müssen in den technischen Stäben dieser Unternehmen umfangreiche Berichte über die Förderpraxis und dabei aufgetretene Schwierigkeiten vorliegen.

Denn genau darin liegt ja ihr besonderes Know-How.

Ein typisches Beispiel dafür ist die in der Branche bestens bekannte „Schwachstelle Förderrohr und Abdichtung“ für die schon seit Jahrzehnten nach einer besseren Lösung gesucht wird. Dennoch wird öffentlich weiter behauptet, dass der Stahl/Zement-Verbund „sicher“ sei.

Dabei leben spezialisierte Service-Unternehmen ausschließlich davon, Reparaturen an eben diesen Förderrohren weltweit durchzuführen.

(Beispiel: Archer Well, Houston, Texas)

Archer Better well integrity_failure_presentation.pdf

(Siehe hierzu auch Mythos 11 “Brennende Wasserhähne……”

Eine der Begründungen der Förderkonzerne in Deutschland, warum man trotz ungünstiger Bedingungen unbedingt bei uns bohren, fracken und fördern wolle, ist die, dass man technisches Neuland betreten wolle.

Auch diese Begründung erscheint nicht stichhaltig.

Die Society of Petroleum Engineers (SPE) vereint mit über 160.000 die allermeisten der weltweiten Fachleute der Kohlenwasserstoff-Förderindustrie als Mitglieder. Von ihr werden regelmäßig internationale Fachkongresse zu bestimmten Themen abgehalten, die die großen Konzerne sponsern. Dabei findet ein umfangreicher Erfahrungsaustausch statt, der den Unternehmen dieser Teilnehmer zu Gute kommt. Auch im Bereich der Gesundheit und Umwelt treffen sich ca. 1200 internationaleTeilnehmer regelmäßig.

http://www.spe.org/events/hse/2016/documents/16HSE_conference_programme.pdf

Die „International Conference and Exhibition Health, Safety, Security and Environment” fand am 11. – 13.04. 2016 in Stavanger, Norwegen, statt.

Unter den Teilnehmern waren auch Mitarbeiter der Firmen ExxonMobil, Statoil, Total, Shell, Engie, Chevron, Conoco Phillips, DEA, Schlumberger, Halliburton und Baker Hughes. Von den US-Behörden waren vertreten: Centers for Disease Control and Prevention (CDC) und das National Institute for Occupational Safety and Health (NIOSH).

Daher ist als sicher anzunehmen, dass die aus der Förderung der Kohlenwasserstoffe drohenden Umwelt- und Gesundheitsgefährdungen, nicht nur für Mitarbeiter am Arbeitsplatz, sondern auch für Anwohner, unter den Teilnehmern allseits in ihrer Vielfalt bekannt sind.

Durch die sich gerade in den letzten 4 Jahren unübersehbar häufenden Beschwerden über gesundheitliche Beeinträchtigungen, in den USA und Kanada in den Fördergebieten, wurde die Öffentlichkeit auf die „Begleit- und Folgeereignisse“ der Kohlenwasserstoff-Förderung aufmerksam und die Untersuchungen der Ursachen begannen in zunehmender Breite.

Inzwischen sind Hunderte neuer Studien erarbeitet worden. Eine der umfassendsten Sammlungen davon haben die PHYSICIANS FOR SOCIAL RESPONSABILITY (PSR) aufgebaut und ergänzen sie regelmäßig um neue Ausarbeitungen. Ihr „COMPENDIUM“ umfasst in der 4. Auflage vom November 2016 über 900 Einzelunterlagen, von denen ein Viertel erst in 2016 veröffentlicht wurde.  “Risks and Harms of Fracking”

http://www.psr.org/assets/pdfs/fracking-compendium-4.pdf

Mit der Zunahme der Zahl der Untersuchungsergebnisse wurden anfängliche Vermutungen immer deutlicher bestätigt: gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Fracking-Förderung und -Aufbereitung von Erdöl und Erdgas zeigen sich immer klarer, ebenso wie die großen Risiken für die Anwohner.

Eine Kern-Feststellung von PSR ist, dass auf Grund der komplexen Prozesse die gesetzlichen Regelungen nicht ausreichen, um Gesundheitsbeeinträchti-gungen zu verhindern. Die Förderbohrungen setzen durch Leckagen viel mehr Methan und giftige Dämpfe frei, als bisher angenommen wurde. Und diese Absonderungen gehen auch dann weiter, wenn die Förderung längst eingestellt ist. Umfangreiche Benzolfreisetzungen haben Bohrplatzmitarbeiter krank gemacht. Eine zunehmende Zahl von Untersuchungen befasst sich mit der Beeinträchtigung der Gebärfähigkeit durch Fracking-Chemikalien und der Schädigung von Embryos im Mutterleib durch Aufnahme von Giften über die Luft und das Wasser in der Nähe von Förderplätzen während der Schwangerschaft.

Auch durch Kompressorstationen, Aufbereitungsanlagen und Fackelanlagen werden periodisch große Giftmengen freigesetzt, die Anwohner gesundheitlich schädigen können: Kohlenmonoxyd,  Stickstoffoxyde, Benzol, Formaldehyd, Xylole. Aber die Mengen dieser Smog bildenden Bestandteile werden selten direkt gemessen.

In den USA wurde dazu schon im Jahr 2014 eine groß angelegte Studie durchgeführt, um die Emissionsbelastungen von Anwohnern wirklichkeitsnah zu ermitteln. Die Ergebnisse wurden im März 2015 veröffentlicht. Titel: „Human exposure to unconventional natural gas development: A public health demonstration of periodic high exposure to chemical mixtures in ambient air”.  Autor David R. Brown, veröffentlicht: 03.03.2015

http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/10934529.2015.992663

Hauptergebnisse: die Emissionswirkungen traten periodisch auf. Je nach Windgeschwindigkeit und Windrichtung führten sie zu Immissionen an den modellhaft angenommenen Wohnorten zwischen 3 Emissionsquellen.

Die Langzeiterfassung von Durchschnittswerten ist bei der Kohlenwasserstoff-Förderung ungeeignet, um die gesundheitliche Gefährdung der Anwohner durch Emissionen zu bewerten. Nur mit Messungen, die Kurzzeitintervalle erfassen und die jeweilige Windrichtung, sind wirklichkeitsnahe Aussagen zur Gesundheitsgefährdung möglich. Mehrere Emissionsquellen, die auf einen bestimmten Wohnplatz Wirkungen ausüben, addieren sich in der Wirkung.

Anmerkung Fritz: mit Ausnahme der bei der Fracking-Operation an den Bohrungen zusätzlich anfallenden Emissionen fallen die übrigen natürlich auch bei der Förderung konventioneller Vorkommen an.

Die Umweltbehörde der USA, die EPA, hat im Oktober 2016 ihre 33 Jahre alte Überschlagsformel zur Ermittlung der Emissionen von Fackelanlagen als „überholungsbedürftig“ erklärt, weil sie die Mengen der gesundheits-schädlichen Luftverunreinigungen in bedeutendem Maß unterbewertet.

Auch die erhöhte Radonbelastung in Fördergebieten in Pennsylvania deckt sich mit der Ausdehnung der Förderfelder. Die erhöhte Radioaktivität auf den Förderplätzen ist ein Risiko für die Arbeiter und die Anwohner.

Anmerkung dazu: Die Radonkarte des Bundesamtes für Strahlenschutz weist für das Fördergebiet Kreis Rotenburg ebenfalls deutlich erhöhte gemessene Radonwerte der Luft in Kellern und im Boden aus.

www.kemski-bonn.de/downloads/Erl_Radonkarte2004.pdf

Die erhöhte Radonbelastung in Innenräumen führt erwiesenermaßen zur Zunahme von Lungenkrebsen bei den Bewohnern. Und Kinder sind noch mehr bedroht als Erwachsene, da ihre Atmungsorgane noch im Wachstum sind.

Bohrschlämme, Flow-back und Lagerstättenwasser bringen die natürlich vorhandenen radioaktiven Bestandteile (NORM) mit nach oben. Die sich bildenden Krusten in Leitungen und Anlagen stellen eine potentiell bedeutende Gefahr dar, für Arbeiter, die die Rohre bewegen, für Reinigung und Instandhaltung. Es droht die Aufnahme erhöhter Strahlungsdosen.

Und bei uns in Deutschland ? Sind die Verhältnisse wirklich entscheidend anders, als in den USA, wie die Förderunternehmen das immer behaupten?    Es werden doch die gleichen Techniken eingesetzt.

Jahrzehnte lang konnten die Förderer versteckt, fast nach Belieben, die Umwelt und die Anwohner mit ihren Emissionen „beglücken“. Erst durch die Häufung bestimmter seltener Krebse im Fördergebiet Kreis Rotenburg geriet diese Branche, die sich gern als „Partner des Vertrauens“ ausgibt, in Bedrängnis.

Denn dadurch wurde erst aufgedeckt, dass diese Branche sich quasi selbst überwacht, weil die zuständigen Bergämter dazu nicht in der Lage und nicht willens sind. Es wurde auch erkennbar, dass im eng besiedelten Deutschland in den Fördergebieten ebenfalls umfangreiche Emissionen freigesetzt werden, deren offizielle Kenntnisnahme die Bergbehörden und die Förderer offenbar nachdrücklich zu verhindern suchen.

Dennoch ist es heute nicht mehr in Zweifel zu setzen, dass auch bei uns durch die Kohlenwasserstoff-Förderung Emissionen freigesetzt werden, die zu Immissionen bei den Anwohnern führen, denn das im Umfeld vieler Förderplätze in Niedersachsen gefundene Quecksilber ist ein deutliches Indiz, dass es Emissionen gegeben hat und dass dann auch das krebserzeugende Benzol ausgetreten sein muss.

Hierzu wird in der „Wissenschaftlichen Begründung“ zur Berufskrankheit Nr. 1318 (Erkrankungen des Blutes, des blutbildenden und des lymphatischen Systems durch Benzol, Bek. des BMAS vom 01. September 2007 IVa 4-45222 –GMBI 49-51/2007, S.974 ff.) ausgeführt unter 1.3 , dass das Benzol als Blutgift wirkt, bei fortgesetzter Einwirkung , aber auch bei einmaliger massiver Einwirkung.

Auch die WHO hat Benzol als gesichert krebserzeugend eingestuft.

An dieser Stelle sei auch auf die umfangreichen Ausarbeitungen zu Benzol durch das Gemeinnützige Netzwerk für Umweltkranke e.V. (GENUK) hingewiesen:

http://www.genuk-ev.de/benzene_facts.html

Auch die Entstehung des Multiplen Myeloms (MM) durch Benzol wird erläutert:

http://www.genuk-ev.de/MM.html

Erstaunt haben wir lernen müssen, dass für das Benzol, dem die Medizin keinen unteren Grenzwert der Gefährlichkeit zuordnen will, weil schon ein Molekül reicht, um im Körper eines Menschen zu Methylbenzol zu werden und Krebs auszulösen, inzwischen „zulässige“ Grenzwerte festgelegt wurden, unterhalb derer angeblich die Benzolbelastung unschädlich ist.

Dr. med. Paul Matthias Bantz von der IPPNW-Regionalgruppe ROW kommentiert dazu: „Grenzwerte sind Angaben, um den Umgang mit Schadstoffen gleich welcher Art, die Gesundheitsschäden verursachen können, für die Produktion in der Industrie überhaupt anwenden zu können. Unterhalb dieser Werte gibt es jedoch keinerlei Garantie für deren Unschädlichkeit.

Im Gegenteil gibt es Hinweise dafür, dass die Kombination niedriger Konzentrationen von Schadstoffen besonders wirksam und daher auch besonders gesundheitsschädlich ist“.

Ebenso erstaunt haben wir zur Kenntnis genommen, dass bisher keinerlei Untersuchungen angestellt wurden, die die gleichzeitige Wirkung mehrerer Gesundheitsschädiger auf den Körper ermitteln. Denn in der Praxis treten immer mehrere hoch wirksame Gifte gleichzeitig bei der Förderung und Aufbereitung auf. Benzol, Quecksilber und Blei treten sehr häufig gemeinsam auf, oft noch ergänzt durch Lithium,  Arsen und Kupfer.

Besonders das Quecksilber, als Benzolbegleiter, ist eine weithin unterschätzte Gefahr für die Abwehrkräfte des menschlichen Körpers.

Die Organisation Greenpeace e.V. hat im April 2015 eine ausführliche Studie über die Wirkungen des mobilen Quecksilbers auf den menschlichen Körper, insbesondere auf das ungeborene Leben und auf Kleinkinder veröffentlicht:

„Quecksilber: Gift fürs Gehirn“.

Der Anlass war der Quecksilber-Ausstoß deutscher Kohlekraftwerke.

Die Wirkung von emittiertem Quecksilber aus der Kohlenwasserstoff-Förderung ist aber die selbe.

https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/greenpeace-studie-quecksilber-kohle-31032015.pdf

Insgesamt werden jährlich durch die Erdgasförderung und –Verbrennung in Deutschland mehrere Tonnen Quecksilber (Hg) in die Umwelt verteilt, von denen bisher öffentlich kaum Notiz genommen wird. Der Gesamtumfang des freigesetzten Hg dürfte etwa den der Kohlekraftwerke pro Jahr erreichen.

Das aufgenommene Quecksilber verwandelt sich im Körper zum hoch giftigen Methylquecksilber. Hat sich, durch Umwandlung, Methylquecksilber gebildet, bewirkt es eine starke Schwächung der Widerstandskräfte, auch wenn eine direkte Krebsauslösung bisher nicht nachgewiesen ist. Dadurch ist der Körper den weiteren Angriffen weit stärker ausgeliefert.

Unter diesem Aspekt muss es die Anwohner von Förder- und Aufbereitungs-plätzen äußerst beunruhigen, dass immer wieder im Umfeld dieser Plätze erhöhte Quecksilberwerte im Boden gefunden werden, auch wenn sie unterhalb der „Vorsorgewerte“ und „Prüfwerte“ für Quecksilber liegen.

Wie es überhaupt zur Festlegung dieser Werte kam, ist mit einem großen Fragezeichen zu versehen. Die Industrie verlangt immer nach „Grenzwerten“, weil sie dann nicht belangt werden kann, wenn sie deren Einhaltung nachweist.

Doch welchen Wert haben „Grenzwerte“, wenn sie anstatt auf der Basis ärztlichen Wissens eher unter Interessengesichtspunkten definiert werden?

Die wiederholten gefundenen Verteilungen von Quecksilber im Feld der Abluftschleppen gemäß der Hauptwindrichtungen im Fördergebiet Rotenburg drängen nur einen logischen Schluss auf: hier ist Quecksilber mit der Abluft emittiert worden und hat sich dann entsprechend abgelagert.

Und, natürlich, andere Giftstoffe sind mit dem Quecksilber ebenfalls in die Umgebung gelangt.

Geradezu entsetzt ist man aber, wenn aus den USA berichtet wird, dass mit der Luft Giftstoff-Wolken noch in mehr als 16 km Entfernung von ihrem Emissionsort deutlich messbare Gesundheitsbeeinträchtigungen auslösten und wenn man dann hört, dass in Deutschland die Mindestabstände von Förderbohrungen zu Wohngebäuden 100 m betragen können.

Selbst die Aufsichtsbehörde, in Niedersachsen das Landesbergamt (LBEG), gibt in ihren Schriften und Pressemitteilungen zu, dass zum Beispiel Quecksilber und Benzol bei den verschiedenen Arbeits- und Instandhaltungsschritten der Förderung freigesetzt werden können.

Folgende Möglichkeiten werden genannt:

Behälterschlämme der Gasaufbereitungsanlagen

Behälterschlämme der Gastrocknungsanlagen in Aktivkohlefiltern für die Freiförder – und Testarbeiten bei Freiförderung mit Fackelarbeiten können Benzol- und Hg-Emissionen auftreten

bei Testarbeiten mit Fackeleinsatz können Benzol- und  Hg-Emissionen auftreten

bei der Regeneration des Glykols der Gastrocknungsanlagen durch Erhitzen treten mit dem Wasserdampf auch Benzol und Hg-Dampf aus

bei der Abfackelung von Rohgas, selbst dann, wenn Aktivkohlefilter eingesetzt sind, wird die Freisetzung von Hg nicht gänzlich verhindert.

Von den anderen begleitenden Giften wie Toluol, Xylol, Blei und weiteren Schwermetallen und den begleitenden radioaktiven Strahlern wie Radon und Strontium wird erst einmal gar nicht gesprochen.

Tunlichst wird vermieden zu erläutern, dass betriebsbedingt kurzzeitig hohe Schadstoffanfälle auftreten können. Einmal eine solche Prise mit der Atemluft aufgenommen, kann schon – nach langer Inkubationszeit allerdings – zu Erkrankungen bis hin zu bestimmten seltenen Krebsarten führen.

Da hilft es nicht, niedrige zulässige Langzeitbelastungen der Luft zu fixieren und eben solche Messungen zur Kontrolle durchzuführen. In ihnen „verschwinden“ die eingeebneten Kurzzeit-Spitzenwerte der Belastungen.

Es entsteht der Eindruck, dass die Förderindustrie und die Aufsichtsbehörden Hand in Hand arbeiten, wenn es darum geht, Gefährdungen, die von den Aktivitäten dieser Industrie ausgehen, abzuwiegeln oder als „vernachlässigbar“ zu bewerten.

Ein ernsthaftes Interesse daran, Ursachen bestimmter gehäufter Krankheiten in den deutschen Fördergebieten zu ermitteln, ist bisher nicht erkennbar.

Der Schluss drängt sich auf:

Das wirtschaftliche Interesse an der Förderung wird höher bewertet als die Bewahrung der Gesundheit der Menschen in den Fördergebieten

Volker Fritz

Im Arbeitskreis Fracking

Braunschweiger Land

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