Amelinghausen lehnt Fracking ab

Oldendorf_LuheAm vergangenen Dienstag hatte das gemeinnützige Netzwerk für Umweltkranke Genuk e.V. die Bürgerinitiative „Kein Fracking in der Heide“ aus dem benachbarten Landkreis Harburg eingeladen, um über das Thema Fracking und die Situation rund um Amelinghausen und die Totenstatt Oldendorf zu informieren. Die Veranstalterin Kathrin Otte und die Referenten waren überwältigt: die Lopautalhalle war mit deutlich über hundert neugierigen und interessierten Zuhörern bestens gefüllt.

Die Samtgemeinde Amelinghausen in Person des Bürgermeisterverteters, Herrn Göbel, wünschte der Versammlung einen guten Verlauf. Der Samtgemeinderat hatte sich schon 2012 gegen Fracking auf dem Gemeindegebiet ausgesprochen. Die Politiker und die Verwaltung sind entschlossen, den weiteren Verlauf aufmerksam zu beobachten.

Im Anschluss führte Rüdiger Schmidt von „Kein Fracking in der Heide“ in die Thematik ein. Entwicklungen in den USA, der Stand in Niedersachsen und im Aufsuchungsfeld Oldendorf wurden skizziert. Renate Maass zeigte dann anhand einiger Querschnitte durch die Bodenformationen rund um Amelinghausen, wie die geologische Situation hier durch Salz-Diapire bis kurz unter der Erdoberfläche gekennzeichnet ist. Salz steigt auf, oft wie ein riesiger Pilz, über tausende von Metern. Diese Salzdome zeichnen sich durch Instabilität aus, die geologische Lage in der Heide ist nicht sehr zuverlässig. Die Altstadt des nahe gelegenen Lüneburg legt beredtes Zeugnis darüber ab.

Die Hinweise auf die öffentlichkeitsscheue und bisher durch Tricksereien unangenehm aufgefallene Unternehmen Kimmeridge waren keinesfalls geeignet, die anwesenden Bürger zu beruhigen. Auch wenn die BIs in den letzten zwei Jahren einige Erfolge errungen haben, bleibt Sorge die vorherrschende Stimmungslage. Denn die Pläne der niedersächsischen Landesregierung, durch bessere Sicherung der Wasserschutzgebiete und verschärfte Umweltverträglichkeitsprüfungen Schäden möglichst zu verhindern, gehen sicher nicht weit genug. Das Problem der Entsorgung giftigen Lagerstättenwassers ist mehr denn je in der Schwebe. Die Umkehr der Beweispflicht bei Bergschäden durch Erdbewegung und –beben (die in verschiedenen Gegenden Niedersachsens bereits wiederholt aufgetreten sind) ist bisher politisch nur in der Planung, aber immerhin hat ein Schlichtungsausschuss mit Vertretern von Behörden, Wirtschaft und Bürgerinitiativen mittlerweile seine Arbeit aufgenommen. Die Risiken der Wasserverschmutzung durch Risse und Wegsamkeiten entlang der Bohrgestänge und in alten, mittlerweile undichten Bohrungen kommen erst langsam in den Blick.

All das geschah bisher in der Hoffnung, Schlimmeres vielleicht doch noch verhüten zu können. In den letzten Monaten hat sich die Lagebeurteilung aber in den Gebieten Niedersachsens, in denen seit Jahrzehnten Öl und Gas gefördert werden, dramatisch verändert. Es wird immer deutlicher: An allen Ecken und Enden tauchen Altlasten auf. Es zeigen sich Schäden an Natur: Naturschützer und BIs wiesen Quecksilber-Kontaminationen um Bohrplätze nach, die die Betreiber und das Landesbergamt immer übersehen hatten. Alte Bohrlöcher sind unzureichend gesichert, und es liegen ölhaltige Schlämme direkt unter der Oberfläche von Äckern und Wäldern. Viel schlimmer noch sind die eingetretenen Schäden an der Gesundheit von Menschen. Im Umfeld von Förder- und Versenkanlagen im Kreis Rotenburg sind Verdoppelungen der Raten bei bestimmten Krebserkrankungen nachgewiesen. Die Zahlen sind statistisch so eindeutig, dass niemand sagt, das könne Zufall sein. Genuk e.V. sowie die BIs vor Ort in Wittorf, Hemslingen/Söhlingen und umzu haben bewiesen: der Schadensfall ist längst eingetreten. Und all das geschah seit Jahrzehnten ohne das noch riskantere Fracking, einfach im Alltag der konventionellen Öl- und Gasförderung. Es muss daher ein Moratorium der Förderung von Gas und Öl erlassen werden, bis die Gesundheitsgefährdung genauer erkundet worden sind und Behandlungs- und Präventionsmaßnahmen greifen. Das dürfte einige Jahre dauern. Bis dahin gilt: Kein Gasbohren, auch nicht in Amelinghausen und der Heide! Dieser Zielsetzung stimmten die Anwesenden in einer Resolution zu. Eine Gruppe von Bürgern wird sich weiter treffen, um an dem Thema in ihrer Heimatgemeinde weiter zu arbeiten.

Amelinghausen ist ein beliebter Erholungsort mitten in der Lüneburger Heide, die nördlich von Amelinghausen gelegene Oldendorfer Totenstatt ein bedeutendes Kulturdenkmal. Stadt und Statt liegen jedoch auch mitten im Aufsuchungsfeld Oldendorf, wo das amerikanische Unternehmen Kimmeridge mit ihrer deutschen Tochter nach Öl sucht. Und wenige Kilometer weiter hat der Weltmarktführer Exxon schon mit seismischen Untersuchungen begonnen – im heutigen Aufsuchungsfeld von Kimmeridge. Welche Pläne zur Zusammenarbeit mag es da schon geben?

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