Bericht zum Jahreswechsel 2018/2019: Bohrtürme im Einsatz für die Öl- und Erdgasförderung in Nordamerika

Bohrturm mit Flaring
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Bericht zum Jahreswechsel 2018/2019: Bohrtürme im Einsatz für die Öl- und Erdgasförderung in Nordamerika

Berichtszeitraum 15. Dezember 2018 bis 18. Januar 2019 (5 Wochen)

Die zweite Hälfte des Dezembers 2018 und die erste Hälfte Januar 2019 erlebt in Summe eine fortgesetzte Stagnation mit geringsten Zunahmeraten, die schon seit September 2018 andauert, Die umfangreichen Außerbetriebnahmen von Bohrtürmen in den Wochen um das Jahresende, verbunden mit Überholungen und Instandhaltungsmaßnahmen erfolgten nach bereits bekanntem Muster. In den ersten Januarwochen wurden sie dann wieder in Betrieb genommen. Der Rückgang nach Februar 2018 ist weiterhin noch nicht durch den neuen Anstieg der im Einsatz befindlichen Bohrtürme bis Mitte Januar 2019 ausgeglichen.

Die Rohölpreise auf WTI-Basis notierten am 14. Dezember 2018 bei 51,20, sackten dann bis zum Jahreswechsel auf 46,32 USD/barrel  ab und stiegen danach wieder kontinuierlich bis auf 52,32 USD/barrel an. Damit liegen die erzielbaren Marktpreise für US-Fracking-Öl unter der Rentabilitätsschwelle von ca. 60 USD/barrel für US-Fracking-Öl.
Es drängt sich immer mehr der Schluss auf, dass das Fördervolumen absichtlich niedrig gehalten wird, um mit den deutlich höheren und profitablen Rohölpreisen Gewinne zu generieren. Das käme auch Russland entgegen, da auch Russland massiv vom Ölverkauf seinen Staatshaushalt finanziert. Mit dem kürzlich verkündeten OPEC-Entschluss, die Ölförderung wieder etwas zu drosseln, nach der Erhöhung vom 22. Juni 2018, hat sich auch das bedeutende Ölförderland Russland solidarisch erklärt, obwohl kein OPEC-Mitglied.
Unter diesem Blickwinkel erscheint das neuerliche Embargo gegen Persien in einem anderen Licht. Persien lieferte früher circa 10 Prozent des weltweiten Rohölbedarfes und drängte jetzt natürlich mit aller Macht zurück in den Markt, um auch wieder an Devisen aus dem Ölverkauf zu kommen. Hätte Persien ungehindert seine Ölanlagen wieder hochfahren können, wäre durch das Mehr an Angebot der Preis vermutlich wieder bei 30 USD/barrel oder gar darunter.
Das hätte für die US-Konzerne gewaltige negative Folgen gehabt.
Doch Persien ist potentieller Gegner auch beim LNG-Geschäft. Eine halb fertige erste LNG-Anlage am persischen Golf steht seit Jahren und kommt durch das Embargo nicht voran.
Persien, als eines der Länder mit den größten Erdgasvorkommen, ist im Moment nur Anwärter ohne funktionierendes Equipment.
Der Ausstieg aus dem Atomvertrag mit Persien erscheint mir immer mehr nur als Vorwand, um zu erklären, warum die USA den Persern den Ölhahn wieder zudrehen und die Teilnahme am LNG-Erdgasverkauf immer weiter hinauszögern.

Hier bleiben weiterhin – und verstärkt – Fragen offen, deren Klärung eventuell demnächst möglich sein wird.

Die Entwicklung in den USA und in Kanada verlief zum Jahreswechsel wieder nicht gleichsinnig. In den USA  nahm die Zahl der im Einsatz befindlichen Bohrtürme gering um 21Türme ab, in Kanada dagegen um 35 Türme zu. So ergab sich eine Gesamtzunahme in den 5 Wochen um 14 Türme. Sie verteilte sich auf 12 Ölbohrtürme und 2 Erdgasbohrtürme in Kanada.

Nachfolgend noch einmal die Entwicklung, nachdem es in den Monaten vor Juli 2017 eine stete Zunahme der im Einsatz befindlichen Bohrtürme gegeben hatte und im Juli Stillstand und danach einen Rückgang – mit erneuter Belebung zum Jahresbeginn:

Monat
gesamt im Einsatz USA
Kanada
USA Rohölpreis WTI USD/barrel
Ende 7 1.178 958 220 46,00
Ende 8
1.157 940 217 46,81
Ende 9 1.155 935 220 52,13
Ende 10
1.115 913 202 51,94
Mitte 11
1.090 889 192 54,27
3. Wo 11
1.110 907 203 57,03
4. Wo 11 1.123 915 208 56,18
15.12.17
1.168 930 238 56,64
19.01.18
1.261 936 325 63,72
16.02.18
1.293 975 318 60,74
16.03.18
1.209 990 219 60,85
13.04.18
1.110 1.008 117 66,74
18.05.18
1.129 1.046 83 71,50
15.06.18
1.198 1.059 139 66,60
13.07.18
1.251 1.054 197 70,60
17.08.18
1.269 1.057 212 65,00
14.09.18
1.281 1.055 226 70,30
12.10.18
1.258 1.063 195 71,31
09.11.18
1.277 1.081 196 61,59
14.12.18
1.245 1.071 174 51,20
18.01.19
1.259 1.050 209 52,32

Insgesamt sind jetzt in Nordamerika noch 980 Ölbohrtürme und 279 Erdgasbohrtürme aktiv.

Die Gebiete der Hauptaktivitäten sind in USA: Texas (521), Oklahoma (126), New Mexico(108), Louisiana (61), North Dakota (54), Pennsylvania (48), Colorado (34), Wyoming (34), und Ohio (17).


Den mehr als 20-prozentigen Rückgang der Rohölpreise seit Mitte Oktober 2018 führen die Länder der OPEC-Gruppe auf das erhöhte Angebot in den Monaten ab Juli 2018 zurück. Auch die Entwicklung der Erdgaspreise auf der Basis Henry Hub spiegelt diese Entwicklung wider. Der Henry Hub Gaspreis ist nach zwischenzeitlich mehr als 4,60 USD/mmBtu und 2,811 USD/mmBtu Mitte Mai auf 2,94 USD/mmBtu stabil auf niedrigem Niveau, Mitte Juli Stand 2,88 USD/mmBtu. Seit Oktober stieg der Preis dann schrittweise bis 4,40 USD und fiel dann ab Mitte Dezember deutlich bis auf unter 3,00 USD. Zur Zeit liegt er bei 3,41 USD/mmBtu.

Die vom US-Statistik-Amt festgestellte Verringerung der gelagerten Ölvorräte der USA besteht weiter, schwächt sich aber ab. Bisher war davon ausgegangen worden, dass in 2018 die Auswirkung der Rücknahme der Förderkapazitäten der OPEC-Länder und der mit ihnen kooperierenden Nicht-OPEC-Förderländer zur Stabilisierung der Rohölpreise bei 60 bis 70 Dollar/barrel WTI-Qualität beitragen könnte. Das hat sich dann auch so entwickelt, bis die OPEC im Sommer die Produktionserhöhung beschloss.
Die sprunghafte Außenpolitik der USA, unter Missachtung aller internationalen Vereinbarungen, die gültig abgeschlossen wurden, wesentlich in der Vergangenheit forciert von den USA, bietet für Zocker zusätzliches Wett-Potential und verschärft generell die Situation.
Die Aktivitäten von Präsident Trump gegen die NATO, als gemeinsame Allianz, vergrößert die Unsicherheit noch weiter, ebenso die Ausrufung des Handelsembargos gegen die Türkei, das zwischenzeitlich wieder aufgehoben wurde, nachdem dort ein amerikanischer Staatsbürger wieder freigelassen worden ist und ausreisen konnte. Trumps Drohungen gegenüber der Türkei, für den Fall dass diese nach dem Abzug der USA aus Syrien die kurdischen Stammesgebite angreifen werde, sorgen für weitere Unsicherheiten.
Auch der Handelskrieg Trumps mit China ist noch nicht wirklich abgewendet, denn der Riese in Asien lässt mehr und mehr seine Muskeln spielen. Nun haben sich die USA und China unerwartet schnell darauf verständigt, ihren Konflikt durch Verhandlungen beizulegen, doch wie lange wird das wieder gelten?

Die Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA wird sich auf die inzwischen schon wieder recht starke Ölförderung des Iran auswirken und diese reduzieren.
Es bleibt weiter ungewiss, ob es den Ländern der EU gegen Trump gelingt, iranische Öllieferungen doch durchzuführen und finanziell abzuwickeln.
Die damit auf dem Weltmarkt befürchtete Verknappung des Rohöles ist vorerst nicht zu erwarten. Die Reaktionen auf den IPCC-Sonderbericht zur Klimaentwicklung Anfang Oktober können aber dazu führen, dass wenig oder gar nicht mehr in den Ölsektor investiert wird.

Die kürzliche Ankündigung mehrerer wichtiger Erdölförderländer, ihre Förderung wieder hoch fahren zu wollen, kann inzwischen doch schon zum Teil umgesetzt worden sein. Zusätzlich ist der Abnehmer China etwas zurückhaltender mit Importen geworden, da die Chinesische Konjunktur deutlich an Schwung verloren hat.
Das Drohpotential der Iraner, den Golf von Hormuz zu schließen, wenn man ihnen den Verkauf ihres Rohöles unmöglich macht, ist zwar erheblich, da dann Tankerlieferungen von Irak, Kuwait, Saudi, Bahrain, Katar und Vereinigte Arabische Emirate eingeschränkt würden, was etwa 20 Prozent des weltweiten Ölhandels ausmacht, aber schon vor Jahren haben die Emirate eine Pipeline an die Golfküste im Golf von Oman gelegt, um ihr Rohöl dort zu verschiffen und die Bedrohung in der Straße von Hormuz zu entkräften. Die Tanker bleiben dann draußen im Golf, vor der gefährlichen Passage der Straße von Hormuz.

Die riesigen weltweit zwischengelagerten Rohölmengen, die kurzfristig verfügbar und auch umdirigierbar sind (Lagerung in Großtankerflotten auf Reede), werden jetzt zu sehr profitablen Preisen nach und nach in den Markt gebracht, nachdem sie zu Preisen von unter 30 USD/barrel gebunkert worden waren.
Hier sind in großem Umfang Investment Firmen mit Sitz in New York aktiv, die in Rohöl als Spekulationsobjakt investiert haben.

Das erwartete Reaktivieren von Bohrtürmen blieb bei Rohölpreisen von unter 60 USD/barrel WTI in den USA und in Kanada auch zum Jahreswechsel weiterhin aus. Die Gründe dafür sind weiterhin nicht klar auszumachen. Jedoch verstärkt sich der Verdacht, dass durch Beschränkung des Fördervolumens – auch in den USA und Kanada – die Rohölpreise stabilisiert werden sollen. Wenn das Ölembargo der USA gegen den Iran „dicht“ gemacht werden kann, könnte das gelingen.
Die US-Förderunternehmen behaupten, dass sie aus ihren Förderbohrungen in Shale-Vorkommen durch optimierte Maßnahmen viel mehr Produktion herausholen als vorher und daher eher wettbewerbsfähig sind (bei niedrigeren Preisen als vorher).
Da insgesamt im Bereich der Ölförderung in Nordamerika der Hauptrückgang in den Monaten März und April 2018 stattgefunden hat und die anschließende Zunahme an Bohrtürmen im Einsatz bis jetzt diesen starken Rückgang nicht ausgleichen konnte, wird im Verlauf des Winters 2018/2019 und im Frühjahr 2019 auch die US-Förderung geringer werden.

Die Situation der Kohlenstoff-Energiebranche wird von großen institutionellen Anlegern weiterhin kritisch gesehen, weil der große Zuwachs bei den regenerativen Energien, gerade und auch in den USA, den fossilen Erzeugern Märkte wegnimmt.

Die zunehmende Zahl der Unternehmen, die sich beim Global Divestment Movement gegen das weitere Investieren in Fossile Investitionen und Unternehmen verpflichtet haben, am 13. Dezember 2018 war die Zahl 1.000 erreicht, mit einer Gesamtsumme von 7.900 Milliarden USD, schränkt mehr und mehr die Finanzierungsmöglichkeiten der fossilen Unternehmen ein.

Und die Erzeugung der regenerativen Energien wird immer preiswerter. Inzwischen sind Neuanlagen schon wettbewerbsfähiger als fossile Stromerzeuger. Hinzu kommt die verschärfte Warnung des IPCC vor dem Klimawandel, die deutlich macht, dass das ganz große Geschäft mit den Kohlenwasserstoffen keine Zukunft mehr haben darf, sondern ein Auslaufmodell sein muss.

Eine neue Studie von Carbon Tracker sieht die Möglichkeit, dass schon in 5 Jahren die Nutzung der fossilen Brennstoffe drastisch sinken wird, weil gerade die „jungen Industrie- und Aufsteigerländer gleich mit Sonnenstrom und Windstrom arbeiten werden, anstatt sich in die Abhängigkeit der fossilen Konzerne zu begeben. Die fossilen Brennstoff-Förderer wollen hingegen diese Länder als neue und künftig stärkere Kunden gewinnen.

Die Zubauraten an Fotovoltaik-Anlagen in den USA sind rasant gestiegen.
Der US-Präsident Trump versucht jetzt durch Maßnahmen den weiteren Ausbau zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen.
Auch in China wird sehr umfangreich in Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen zur Stromerzeugung investiert, um vom Bedarf an fossilen Brennstoffen weg zu kommen.

Weiterhin versuchen große institutionelle Anleger, die bisher im Energiebereich bedeutende Teile ihres investierten Portfolios angelegt haben, aus den fossilen Energien auszusteigen. Die Erfolge des Global Divestment Movement sind ein Beleg dafür.
Viele frühere Investoren des fossilen Bereiches haben sich der Bewegung bereits angeschlossen.

Die Freigabe des Offshore-Gürtels vor den Küsten der US-Bundesstaaten für die Förderung von Kohlenwasserstoffen durch Präsident Trump wird weiterhin weitestgehend von den betroffenen Bundesstaaten abgelehnt. Nur Alaska ist dafür, sie zu nutzen.

Volker Fritz
im AK Fracking
Braunschweiger Land

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