Stop Fracking

Kommentar zum Bericht des BMU zu Top 13 b der 84. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit des Deutschen Bundestages vom 05.10.2020

Kurzbeschreibung des Berichtsinhaltes des BMU v. 05.10.20:
Der Bericht bezieht sich auf Top 13b der 84. Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Naturschutz des Deutschen Bundestages. Dieser handelt um die 2021 anstehende Überprüfung des teilweisen Frackingverbotes gemäß § 13 a des Wasserhaushaltsgesetzes. Als weiteres Thema nimmt das BMU zur Klimawirkung von gefracktem Gas Stellung und zur Erreichung der Pariser Klimaziele in Deutschland.

Auf den ersten Blick ist der Bericht des BMU vom 05.10.2020 mit einer Stellungnahme zur eventuellen Aufhebung des Frackingverbotes nach § 13 a Absatz 1 Satz 1 WHG in bestimmten Gesteinslagen, durch das Parlament in 2021, erfreulich ablehnend.

Doch dann schließt die Stellungnahme mit der Aussage, dass schlussendlich der Bundestag darüber zu entscheiden habe. Vorher wurde deutlich beschrieben, dass die „unabhängige Expertenkommission“ ihre per Gesetz gestellte Aufgabe nicht erfüllt hat und auch nicht mehr bis 2021 erfüllen kann. Die ersatzweise herangezogenen ausländischen Erfahrungen mit der Fracking-Förderung sollen der Kommission nun ausreichen, um dem Parlament die richtige Empfehlung zu geben.

Unser bisheriger Eindruck ist: Die bisherige Arbeit der „Expertenkommission“ hat erkennen lassen, dass es sich hier offenbar nur um eine scheinbar unabhängige Beratungsgruppe handelt, die als Erfüller der gestellten Aufgabe wunschgemäß die Aufhebung des Fracking-Verbotes empfehlen wird. Dieses Vorgehen, so scheint es, war von Anfang an so geplant, wie die Zusammensetzung der Kommission erkennen ließ und ebenso die Tatsache, dass in keinem Bundesland – auch nicht im Schwerpunktförderland Niedersachsen – auch nur eine der gesetzlich erlaubten 4 Probebohrungen beantragt wurde. Das Zusammenspiel der Förderindustrie, die Interesse an dem erhofften Erkenntnisgewinn hätte haben müssen, mit den Förderländern und mit den Machern der WHG-Änderungen von 2017, lässt sich daran einfach ablesen.

Auf der Seite 2 des Berichtes des BMU werden dann, unserer Meinung nach, mehrere bedeutsam falsche Aussagen getätigt, mit denen die umweltpolitisch falsche Marschrichtung der Bundesregierung zu vermehrte Erdgasnutzung – als Ersatz für andere fossile Energien – noch unterstützt wird.

Das kann bis zum Sanktnimmerleinstag der Erreichung von 100% regenerativen klimaneutralen Energiequellen ausgedehnt werden. Wir hätten uns gewünscht, dass das Fachministerium BMU Alternativen für einen beschleunigten Ausstieg erarbeitet und ins Gespräch bringt.

Zitat: “Grundsätzlich ist das BMU der Auffassung, dass Erdgas dem emissionsintensiveren Einsatz von Kohle und Erdöl in einer Übergangsphase auf dem Weg zur vollständigen Dekarbonisierung unserer Energieversorgung ersetzen kann.“

Dieser Satz in einer Stellungnahme des Fachministeriums BMU ist ein unglaubliches Armutszeugnis, denn er verdeutlicht, dass im Ministerium entweder die fachlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, oder dass politisches Kalkül die Fakten unterdrückt, damit Wunschgemäßes dabei heraus kommt.

Worum es wirklich bei der Betrachtung der fossilen Brennstoffe geht, ist deren Klimawirkung im Vergleich und generell ihre Atmosphärenschädigung. Dieser Sachverhalt müsste auch in den Fachabteilungen des BMU bekannt sein.

Es ist bekannt, dass wissenschaftliche Untersuchungen anerkannter Institute in den USA – wie zum Beispiel der CORNELL UNIVERSITY, Ithaka, New York – seit vielen Jahren Vergleiche angestellt haben, einerseits der anfallenden Emissionen, andererseits der Atmosphärenschädigung durch entweichendes unverbranntes Methan.

Die USA sind das Hauptförderland von Erdöl und Erdgas aus gefrackten Schiefervorkommen. Deshalb ist diesen Untersuchungen hohe Bedeutung zuzumessen. Die Steinkohleverbrennung in Kesselanlagen zur Stromerzeugung wurde dabei als die weithin bestehende Verwendungsform als Basis für Vergleiche zur Atmosphärenschädigung genutzt.

Die heute in Fachkreisen anerkannte Bewertung besagt:

  • Dieselbrennstoff ist etwa 30% günstiger als Steinkohle
  • Konventionell gefördertes Erdgas ist etwa 30% ungünstiger als Steinkohle
  • Fracking-Erdgas aus Schiefergestein ist etwa 300% schädlicher als Steinkohle
  • LNG-Erdgas ist besonders klimaschädigend.
  • Der LNG-Verflüssigungsprozess durch Abkühlung des Erdgases auf – 162 Grad Celsius ist sehr energieaufwendig, und diese Energie wird durch das teilweise Verbrennen des angelieferten Erdgases gewonnen.
  • 25 bis 30% des in den Pipelines ankommenden Erdgases wird so verbraucht.
  • Weitere Verluste entstehen durch die Einlagerung und den mehrfachen Umschlag des LNG, den Schwund beim Seetransport und durch den Rückvergasungsaufwand am LNG-Anlieferpunkt.
  • In diesem Prozessbereich wird auch unverbranntes Methan freigesetzt.

Das bedeutet, dass diese großen Emissionen bei der Erdgas-Lieferform „LNG“ eklatant die Schädigung der Atmosphäre erhöhen.

Daraus leitet sich her, dass die im vorerwähnten Zitat aus dem BMU-Bericht vom 5.10.20 vertretene Meinung, dass die Erdgasnutzung „emissionsärmer“ sei, als von Kohle und Erdöl, nicht den Kern trifft. Es geht um die Höhe der Klimaschädigung. Erdgas und LNG-Fracking-Erdgas sind für das Klima vielfach gefährlicher als Kohle oder Erdöl.

Bei einem geplanten Austausch von Erdöl und Kohle durch Erdgas, wie die Bundesregierung es heute betreibt, wird bei gleichbleibenden Energieverbräuchen eine erhöhte Schadenswirkung auf das Klima herbeigeführt. Und besonders schädigend sind hierbei Fracking-Erdgas und LNG-Erdgas.

Ein weiterer zu kritisierender Punkt im BMU-Bericht auf der Seite 2 ist die Bewertung von Frackinggas hinsichtlich seiner Emissionseinsparungen im Vergleich zur Kohle. Es bringe nur geringe Vorteile. Richtig müsste dort gesagt werden, dass seine Klimawirkung mindestens dreimal schädlicher ist, als die der Steinkohle.

Die Erwähnung der erheblichen Risiken für Böden und Grundwasser und andere Umweltgüter durch eine etwaige Frackinggas-Förderung aus Schieferlagen in Deutschland ist eine insgesamt erfreuliche Aussage des BMU. Leider wird die bereits heute bei der konventionellen Erdgasförderung und Fracking-Erdgasförderung aus tiefen Kalksteinlagen ebenso gegebene Gefährdung nicht mit erwähnt.

Zu kritisieren ist desweiteren der Schlussabsatz:

Zitat: “Nicht zuletzt ist es zur Erreichung der Klimaziele aus dem Übereinkommen von Paris und für unsere nationalen Ziele notwendig, Erdgas grundsätzlich mittelfristig durch Erneuerbare Energien zu ersetzen. Der Einsatz von gefracktem Gas würde diese erforderliche vollständige Umstellung auf erneuerbare gasförmige Energieträger verzögern.“

BMU-Bericht auf Seite 2

Hier ist anzumerken, dass zur Senkung der Atmosphärenschädigung die fossile Verbrennung schnell komplett herunter gefahren werden muss, um die Klimaziele von Paris 2015 zur Begrenzung der Erderwärmung bis 2100 auf plus 1,5 Grad C – bis max 2 Grad C zu erreichen. Tatsächlich hat Deutschland aber in den vergangenen Jahren seine Klimabelastungswerte keineswegs verringert und liegt jetzt, 5 Jahre später, weit hinter den damals getroffenen Vereinbarungen zurück.

Der in Deutschland angestrebte Austausch der Energieträger Kohle und Erdöl durch Erdgas erhöht sogar noch die Belastung des Erdklimas und beschleunigt so die Erderwärmung, die nach dem Sinn des Pariser Klimaabkommens eigentlich verlangsamt werden soll.

Und da die Bundesregierung es zulässt und gar unterstützt, dass gefracktes Erdgas aus russischer Förderung und gefracktes LNG-Erdgas aus nordamerikanischer Förderung künftig verstärkt bei uns genutzt werden soll, handelt sie eindeutig gegen ihre Festlegungen im Pariser Abkommen. Wir haben den starken Eindruck, dass die fossile Energiewirtschaft mit ihrer massiven Lobbyarbeit auf das Handeln der Bundesregierung und der Fachministerien Einfluss nimmt, um auch künftig ihren Absatzmarkt in Deutschland zu sichern. Daher ist zu befürchten, dass sich der „grundsätzliche mittelfristige Ersatz“ von Erdgas durch Erneuerbare Energien sich bis zum Ende dieses Jahrhunderts dehnen dürfte. Die Industrie wird alles daran setzen die „Übergangsphase“ zeitlich zu strecken.
Neuere Berechnungen der eventuellen Erwärmungskorridore der Erdatmosphäre sind lt.Quelle auf die nur geringe bisherige globale Rücknahme der Nutzung fossiler Brennstoffe angepasst worden und ergeben für das Jahr 2100 einen globalen Klimaerwärmungskorridor von plus 2,6 bis plus 4,1 Grad Celsius, wenn wir Menschen nicht schnellstens und gravierend anders handeln.
[Quelle: Science Magazine vom 22.07.2020 , Autor: Paul Voosen Titel: „After 40 years, researchers finally see Earth’s climate destiny more clearly“]

Nochmals: Nach unserem bisherigen Eindruck sind keine Handlungsansätze der Regierung erkennbar. Eine Erderwärmung von plus 2,6 Grad C hat bereits katastrophale Auswirkungen auf die Menschheit und wird zu massiven globalen Überlebenskriegen führen. Nach 2100 geht die Erwärmung natürlich noch weiter, wenn die Menschheit jetzt nicht handelt und den Raubbau am Planeten umgehend und rigoros einstellt.

Die insgesamt ungünstige Perspektive und der sich daraus ergebende Handlungsdruck zur Begrenzung der Klimaerwärmung wird im Bericht des BMU vom 5.10.2020 leider nicht erwähnt.

Volker Fritz, Wolfenbüttel, den 26.10.2020.

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